arzt:pritsche

Ich bin überrascht wie dies toleriert wird.

Ich denke, dass mit der Hüft-OP der medizinische Marathon für dieses Jahr vorbei ist. Vor der OP hat es einige Untersuchungen wie Röntgen, Blutwerte und EKG gebraucht. Im Zuge dieser Untersuchungen habe ich mich daran gewöhnt, auf den sogenannten Arztpritschen Platz zu nehmen. Ich gehöre zu denen, die ein erhöhtes Kopfteil bevorzugen. Keinesfalls ein hartes Kopfpolster, dies führt bei mir zu unangenehmen Gefühlen. Es ist eine Gewohnheit zu den Untersuchungen, für mein Wohlbefinden, ein Handtuch mitzunehmen und dieses zu falten. Dies ergibt eine weiche Auflage für den Nacken. Ich hatte befürchtet, dass meine Selbstversorgung mit einem Handtuch bei den Ärzten nicht so gut ankommt, ich bin überrascht wie dies toleriert wird. Dies bedeutet eine Entlastung von meinen Vorbehalten für medizinische Untersuchungen. Neuerdings wird in den Ordinationen eine neue Art von Kopfpolster verwendet, der formbare Kopfpolster, welcher sich dem Nacken und dem Kopf anpasst. So langwierig ein Aufenthalt bei einem Akutfall in der Ambulanz des LKH Villach war, eines muss ich zugestehen, dass sie über tolle Ambulanz Betten verfügen. In denen liegt man komfortabel und auch das Kopfteil ist optimal.

Ein Hotelbett in solcher Ausstattung würde ich mir wünschen, natürlich für einen Urlaubsaufenthalt. Beim Verreisen sorge ich vor und nehme für die Übernachtungen ein Polster, wie ich es zu Hause verwende, mit. Vorzugsweise übernachte ich in Hotels in Bahnhofsnähe, da ich schon viele Jahre mit dem Zug verreise.  Der Kopfpolster hat die Keilform und darauf lässt sich hervorragend schlafen. Ein kleines Übel in den Hotels ist, dass die Steppdecken kaum den Jahreszeiten angepasst werden. Es gibt eine Jahresdecke und diese sind zumeist zu schwer. Es verhält sich wie bei den Autoreifen, auch hier gibt es Allwetterreifen, aber wirklich passend sind sie für keine Jahreszeit. Aus Sicherheitsgründen entscheide ich mich dafür, einmal Sommerreifen und einmal Winterreifen zu montieren.

schinken:brot

Dies bedeutete für mich einen Lebensmarker.

Als Senior, welcher sich nicht mehr an jede Einzelheit mit Zeitangabe erinnert, behalf ich mich mit dem Terminus vor oder nach der Corona Pandemie. Mit meiner neuen Zeitrechnung, vor oder nach Hüftoperation, wird es wie nach der Corona Pandemie sein. Es war dies meine erste große Operation. Diese bedeutete für mich einen Lebensmarker. Es gab viele Beteuerungen, der Einsatz einer Hüftprothese sei heute ein Routineeingriff. Jetzt kommt dazu die Dankbarkeit, dass die Operation gut verlaufen ist. An die letzten Minuten vor und an die ersten Minuten nach der Operation kann ich mich genau erinnern. Vom Stationszimmer wurde ich im Krankenbett in den Vorraum der Operationssäle gebracht und ein vermummter Mann erklärte mir, er sei der Anästhesist. Dann erfolgte die Umlagerung auf den Operationstisch und die Fahrt in den Operationssaal. Plötzlich waren um mich eine Vielzahl an vermummten Personen, emsig wie auf einen Ameisenhaufen. Eine Person drückte mir eine Maske auf das Gesicht mit der Aufforderung tief ein und auszuatmen: „Aha aus Villach kommen sie, ich bin aus Klagenfurt“. Ich wollte etwas zu den Spannungen zwischen Klagenfurt und Villach sagen, aber dies blieb ein Wunsch. Von dem was danach passierte weiß ich nichts.

Nach unbestimmter Zeit öffnete ich kurz die Augen, dann fielen sie wieder zu. Mein Gedanke, die Hüftprothesenoperation ist vorbei, gegenüber war eine Fensterfront. Ich spürte, dass jemand vorbeihuschte, wieder zurückkam und „Guten Morgen Herr Supersberger“, sagte. „Wie geht es ihnen, ist ihnen übel, unwohl oder schwindelig“? Ich verneinte alles. Es war halb sechs Uhr abends „Dann bringen wir sie zurück auf die Bettenstation“. Auf meinem Platz stand ein mobiles Überwachungsterminal, mit mehreren Kabeln wurde ich damit verbunden. Eine Krankenschwester kam vorbei und sagte:“ Wir haben für sie vom Abendessen etwas zur Seite gelegt, möchten sie essen?“ Seit gestern abends bin ich nüchtern, herzhaft biss ich in das Schinkenbrot. Aus dem Tageheft…

brems:manöver

Setzt sich der Zug in Bewegung, kann ich genüsslich durchatmen.

Nach den Unsicherheiten für einen Operationstermin in Kärnten, warum nicht über den Tellerrand hinausschauen. Zudem gibt es einen Bezug aus der Verwandtschaft zur Kardinal Schwarzenberg Klinik, eine gute Adresse für Operationen in Österreich. Eine Nichte ist dort Oberärztin, dies gibt einem im fremdartigen Klinikbetrieb eine gewisse Geborgenheit und Sicherheit.  Eine absolute Sicherheit im Leben gibt es nicht und wenn etwas von der Routine des Alltags abweicht ist die Unsicherheit noch größer.

Wer diesen Herbst einen unumgänglichen Termin im Land Salzburg wahrnehmen muss, dessen Geduld ist gefordert. Die Baustellen auf der Tauernautobahn machen auch unsere Fahrt in die Schwarzenberg Klinik beschwerlich, Zeit Verzögerung zwei Stunden. Bei der Anreise ist mir vieles durch den Kopf gegangen, vor allem wie eingeschränkt ich beim Sitzen im Auto bin. Der Lenker ist bei dem gemächlichen Tempo im Baustellenbereich besonders gefordert. Er darf kein plötzliches Bremsmanöver des Vordermanns übersehen oder Fahrt wegnehmen, wenn sich jemand mit Gewalt Stoßstange an Stoßstange hineinzwängt. Von Entspannung merke ich als Beifahrer nichts. Für mein krankes Bein muss ich eine günstige Position einnehmen. Fahrten nach Salzburg kenne ich von anderer Seite, weil ich größtenteils mit dem Zug reise. Dabei stehen mir im Abteil zumeist zwei Sitze zur Verfügung. Gemütlich schaffe ich eine heimelige Atmosphäre, packe meine Salamisemmel und ein Coca-Cola aus, lege die Zeitung und meine Reiselektüre auf den Abteiltisch. Setzt sich der Zug in Bewegung, kann ich genüsslich durchatmen. Die nächsten Stunden kann ich nach Belieben verbringen, dösen, lesen oder schreiben.  Passt die Tageszeit kann ich im Speisewagen eine kleine Mahlzeit einnehmen. Im Zug steht jederzeit eine Toilette zur Verfügung, im Stau auf der Autobahn schielt man nach der nächsten Anzeige für eine WC-Anlage. Aus dem Tageheft…

knopf:chirurgie

Manche Operationen werden als Routineeingriff bezeichnet.

Die letzten Jahrzehnte haben große Fortschritte bei der Behandlung von Krankheiten mit Pharmaka und mit Impfstoffen gebracht. Letztes Beispiel der Impfstoff gegen das Corona Virus, für deren Entwicklung, mRNA, die Medizinerin Katalin Karikó den diesjährigen Nobelpreis bekommen hat. Die Radiologen werden bei der Auswertung der Röntgenbilder von der KI unterstützt, die Chirurgen von Operationsrobotern. Manche Operationen werden als Routineeingriff bezeichnet. Dabei wird hervorgehoben, dass viele Eingriffe minimalinvasive durchgeführt werden, im Volksmund als Knopflochchirurgie bezeichnet. Wie weit es für die Betroffenen ein Routineeingriff war, bleibt offen. Bei meinem Reha Aufenthalt erfahre ich von anderen Patienten, wie lange es zumeist dauert, bis nach einem Routineeingriff wieder ein zufriedener Zustand erreicht wird. Minimalinvasive Entfernung der Gallenblase oder des Blinddarms sind Standardoperationen. Nach ihrer Blinddarmoperation, erzählt eine Reha Patientin, hatte sie monateweise Schmerzen im Bauchgewebe.

Der Ersatz des Hüftgelenks gehört zu den am meisten durchgeführten Operationen. In der Verwandtschaft leben einige Personen, welche eine Hüft- oder Knietotalprothese erhalten haben, zu ihrer Zufriedenheit. Der neunzigjährige Onkel wird als lebendiges Beispiel für eine geglückte Hüftoperation genannt. Täglich macht er einen ausgedehnten Spaziergang, kreuz und quer über die Felder. Was anderen empfohlen wird, hat bei ihm der Hausarzt eingeschränkt, die Länge der Spaziergänge. Er ist ein Paradebeispiel für den Verlauf einer Hüftoperation: Mit einem Satz herunter vom Operationstisch und hinein in das Leben. Die Schonzeit nach der Hüftoperation ging nahtlos in den Rehabilitation Aufenthalt über.

Der Tag, an welchem mir die Wundklammern entfernt wurden, bleibt im Gedächtnis. Da nicht mobil wurde ich mit dem Rot Kreuz Auto zum Hausarzt gebracht. Drei Sanitäter haben an der Wohnungstüre angeläutet und mich, auf Krücken gestützt, zum Auto begleitet. Die Geräumigkeit des Rettungswagens war für einen Frischoperierten ein Geschenk. Bei der Aufnahme der Patientendaten hat der Sanitäter ganz erstaunt gefragt: „Ob ich Der Supersberger, Papierhändler aus Arnoldstein, sei“. Er hat in meiner aktiven Zeit im Papierwarengeschäft Schulwaren gekauft. Konkreter erinnern sich, die inzwischen erwachsenen Schüler an die Panini Stickers und den dazugehörenden Sammelalben. Serien in den 1990er Jahren waren, Aladdin, Dinosaurier, Asterix oder die Olympischen Winterspiele in Albertville usw. Das er mich zum Arzt begleiten kann hat ihn so gerührt, dass er dies gleich dem Fahrer weitersagte. Aus dem Tageheft…

krücken:runde ll

Dies wäre ein Krankenbehelf, aber dies macht nicht das Wesen der Krücken aus.

Erstmals erlebe ich beim Betreten der Arztordination am eigenen Leib, welche soziale Wirkung von den Krücken ausgeht. Sieht man die Krücken als Gehhilfe für frisch operierte oder gehbehinderte Menschen, würde man damit viel zu kurz greifen. Dies wäre einfach ein Krankenbehelf, aber dies macht nicht das Wesen der Krücken aus. Sofort treten ein paar Wartende zur Seite und machen den Weg zur Ordinationsassistentin frei. Meine persönliche Erwartung, als ich die Ordination betrete, ist eine andere als in früheren Zeiten. Es gab keine schiefen Reaktionen, als ich vom Arzt bevorzugt behandelt wurde. Damit wurde die Möglichkeit geschaffen, dass die Rotkreuzfahrer mich wieder umgehend nach Hause bringen konnten. Dabei habe ich die über ein reines Hilfsmittel hinausgehende Wirkung der Krücken erlebt.

Die Krücken bedeuteten für mich in den ersten Wochen eine Stigmatisierung, aber bald genieße ich die Zugeständnisse, welche man mir einräumt. Sei es bei der Fahrt mit dem Bus, wo selbstverständlich ein Behindertenplatz freigemacht wird und die überlauten Fahrschüler sich von den Sitzen erheben. Bemühte ich mich auf der Terrasse einen Stuhl zurechtzurücken, dann kam geflissentlich ein Kellner herbei, der mir meinen Wunsch von den Lippen ablas. Zumeist sind die Behinderten WC geräumiger und leichter zu erreichen als die normalen Toiletten. Ich schämte mich nicht diese in Anspruch zu nehmen. Genieße den Vorteil eines höheren WC- Sitzes, die Weitläufigkeit des WC und zumeist herrscht auch mehr Reinlichkeit als auf dem stark frequentierten WC für Normalbürger. Zähle ich, weil ich eine Zeitlang Krücken benützen werde schon zu den Behinderten? Ein offizielles Pickerl, dass ich als Behinderter eingestuft werde gibt es nicht.