literatur:archiv

An einen befreundeten Schriftsteller ist vor einem Jahrzehnt ein Archivar, mit dem Ansinnen seinen Vorlass anzukaufen, herangetreten. Mit diesem Verkauf könnte er seine spärlichen Einkünfte aus dem literarischen Leben aufbessern. Besonderes Interesse zeigte der Archivar für handschriftlichen Aufzeichnungen, seien es Romanentwürfe, handgeschriebene Korrespondenz und Notizhefte. Der Freund stellte zu seinem Bedauern fest, dass er kaum über handschriftliche Notizen und Korrespondenz verfügte. Er gehört zur Generation, wo die Verwendung der Kofferschreibmaschine ein Fortschritt war und Handschriftliche obsolet wurde. In den nächsten Jahren bemühte er sich handschriftliche Vornotizen anzulegen, Briefe mit Füllfeder zu schreiben und Verbesserungen an seinen Manuskripten mit dem Bleistift durchzuführen. Obwohl er dem Zeitgeist entsprechend am PC arbeitete. Der Computerausdruck eines Emails ist ein Allerweltprodukt, etwas maschinengefertigtes. Im digitalen Zeitalter ist wieder handgemachtes gefragt. Wie bei den Gebrauchsgegenständen erzielt das Handgemachte einen höheren Preis.

Es wäre zu weit gegriffen, würde man einigen Schriftstellern unterstellen, sie würden um des Geldes willen ihre Notizen mit der Hand niederschreiben. Zwischen der schreibenden Hand und dem Gehirn dürfte es einen regen Austausch geben, die Gedanken fließen aus der Feder. Wird bei einem Vortrag händisch mit geschrieben, bleibt der Stoff besser im Gedächtnis. Es ist ein sinnlicher Akt, wenn man mit einem Bleistift etwas auf ein Blatt Papier oder in ein Notizheft schreibt. In einem Café erziele ich die größere Aufmerksamkeit, wenn ich mir händische Notizen mache, als wenn ich am Cafetischerl etwas in meinen Laptop eintippe. In allen möglichen Lebenssituationen verfasse ich Einträge in meine Moleskin Notizhefte. In der hinteren Lasche bewahre ich Einkaufszettel, Programmzettel und auch Fahrkarten auf.

Schreibhandwerker

im:rahmen ll

In der Nähe von markanten Ausflugszielen oder berühmten historischen Gebäuden stehen seit jüngster Zeit große rote hölzerne Rahmen. Hier können sich die Besucher in die Bildfläche stellen und ein Foto machen. So hat das Foto gleich einen Rahmen. Diesen Trend gibt es auch in Kärnten. Am Pyramidenkogel steht am Rande der Terrasse vom  Aussichtsturm, bei den Imbissstuben, ein solcher Rahmen. Fotografiert man eine Person, hat man auch einen Ausschnitt vom Wörthersee auf dem Bild. Mit dem Lift fahren die Besucher auf den siebzig Meter hohen Turm für den Rundumblick auf die Täler, Berge und Seen Kärntens. Die wenigsten wollen dem Himmel näher kommen, dafür gibt es höhere Bauten oder beim Fliegen. Was bleibt vom Gedanken Gott näher zu kommen, soweit man Gott im Himmel der sich über uns spannt, wähnt.

Beim Blick über die Landschaft über Gott und die Welt nachdenken. Eine sinnlose Formel und doch bewegen wir uns ständig in diesem Fokus. Der Rahmen für unser Denken ist vorgegeben. Es passiert selten, dass man sagen kann, er hat den üblichen Rahmen gesprengt. In der Einfassung war vielleicht ein Haarriss. Ständig sind wir auf der Suche nach den letzten Dingen. Bei der Suche nach Orten, welche sie noch nicht kennen, sind manche rastlos. Das Ziel haben, die letzten unbekannten Orte in Kärnten zu besuchen. Für Österreich wird es darin um einiges schwieriger. Sinnlos, obwohl man darin etwas sinnhaftes entdeckt hat.

Politzen & Beinten

im:rahmen l

Bringen wir eine kolorierte Stadtansicht von einem Ausflug heim, dann lassen wir diese einrahmen. So bekommt alles seine Ordnung und hat seine Umrandung. Können wir sagen die Ausgaben für ein paar neue Schuhe oder für eine Stehlampe liegen im Rahmen des Haushaltsbudgets, so bedeutet dies Sicherheit. Beim Wettpflügen hat der Vorjahressieger im Rahmen des Möglichen seinen Platz verteidigt. Bis jetzt verläuft die Feier zur Eröffnung der neugestalteten Volksschule in üblicher Atmosphäre. Das Fest wird vom Kinderchor der Naturparkschule umrahmt. Im Rahmen des Vertretbaren wurde auf die Wünsche der Lehrerinnen beim Umbau Rücksicht genommen.

Soweit es möglich ist versuche ich mich zu beruhigen bis die Befunde der Vorsorgeuntersuchung vorliegen. Die Ergebnisse befinden sich im Rahmen der altersbedingten Vorstellungen. Bei manchen Vorhaben muss ich Abstriche in Kauf nehmen. Einiges ist, so wie ich es gewohnt war, nicht mehr möglich. Beim Wandern mit dem Rahmen des Möglichen zufriedengeben. Es ist sinnlos eine Route zu erzwingen, manchmal muss ich es gewähren lassen, denn Rahmen für Wanderungen neu abstecken. Führt eine Wanderung über ein steiles Wegstück und ist dies noch im Rahmen meiner körperlichen Fitness, so tritt Zufriedenheit ein. Eine Sättigung, ein Gefühl wie nach dem Verzehr eines Rindsbratens nach Znaimer Art.

Napoleonwiese.

erste:wahl

Unter dem Schlagwort Erste Wahl versteht man zumeist ein Produkt in einwandfreier Qualität. Gibt es kleine Mängel, welche zumeist nur durch den Fachmann erkenntlich sind, dann bezeichnet man dieses Produkt als zweite Wahl. Heute findet man diese Waren in den Outlet Shops, welche sich in der Nähe von Grenzübergängen befinden. Als es in Europa noch eine florierende Textil- und Schuhindustrie gab,in den siebziger Jahren, befand sich fast auf jedem Fabrikgelände ein Verkaufsstore. Dort wurden die Artikel zweiter Wahl vor Ort verkauft, der sogenannte Fabrikverkauf. In einer Schuhfabrik, wo ich als Absatzschrauber am Montageband arbeitete, wurden am Ende vom Fertigungsprozess die Schuhe poliert und auf eventuelle Mängel kontrolliert. Gab es einen kleinen Fehler auf der Lederoberfläche, war die Sohle etwas verrutscht oder konnte man eine aufgeraute Stelle beim Leisten erkennen, dann wurden diese Schuhe aussortiert. Im Fabrikshop wurden die preislich hochwertigen Gabor Damenschuhe zum halben Preis verkauft. Dort deckten sich vor allem die Mitarbeiterinnen, für sich und ihre Familienangehörige, mit modischen Schuhen ein. Auf den Tragekomfort und die Haltbarkeit der Schuhe hatten die kleinen Mängel keinerlei Einfluss.

Für einen Laien waren die Fehler selbst bei genauem Hinschauen schwer erkennbar. Anders für den Betriebsleiter der Damenschuhfabrik in Spittal/Drau, in den siebziger Jahren. Er hatte den sprichwörtlichen Adlerblick. Bei seinem Erscheinen in der Fertigungshalle richteten alle Beschäftigten den Blick krampfhaft auf die Schuhe am Fließband. Wie ein Adler stürzte er sich aus großer Entfernung auf die Schuhe am Montageband, hob einen empor und reklamierte beim Bodenmeister. Dieser deutete nach dem Bandmeister, dass er zu ihm kommen soll. War er über den Fehler außer sich, warf er die Schuhe dem Bandmeister auch schon einmal über die Köpfe hinweg zu. Der Bandmeister baute sich dann vor dem Damenschuhfacharbeiter auf und stellte diesen zur Rede. Die erste Reaktion war zumeist, dass dieser den Makel auf einen Fehler in der Stanzerei oder Näherei zurückführte. Da die Schuhe noch in der Fertigungsphase waren, konnten die Fehler zumeist repariert werden. Hatte der Adler die Fertigungshalle verlassen, entspannten sich die Blicke der Beschäftigten.

Milchpause.

leben:ereignis III

Bei mir taucht eine Frage unweigerlich auf, wohin geht der Geist, die Seele des Verstorbenen? Glaubt man den Weltreligionen, dann gibt es ein Weiterleben und Wiedersehen mit den Angehörigen im Jenseits. Heute spricht niemand mehr von einer Gewissheit, wie dies vor Jahrzehnten noch üblich war, sondern man hofft auf die Auferstehung. In welcher Form und mit welchem Bewusstsein? Nehmen wir die Vorurteile, den Neid, die Rachegelüste, wie wir sie hier im Irdischen haben, in das Jenseits mit?  Oder werden diese gelöscht und wir verkehren im Jenseitigen nur noch in Liebe miteinander? Die Menschheit wäre bereit viele Euro zu zahlen, wenn sie auf diese Fragen eine Antwort bekäme.

Ich verbrüdere mich mit dem Gedanken, unsere seelischen Einheiten  gehen im Universum auf  und wir sind im Jenseits von einem Wohlbefinden umgeben. Gibt es ein Danach, dann gibt es dies für alle. Gott wäre ansonsten kleinlich, wie die irdische Gerichtsbarkeit. Die Weltkirche hat uns mit einer Theorie aus Sünde, Leiden und Strafe über Jahrhundert geknebelt.

In der Totenhalle gibt es vor dem Beten für den Verstorbenen ein stummes, ein schweigendes Zunicken zu Bekannten, ein Wiedererkennen in den Gesichtszügen. Bei mir dazu die Feststellung, dass manche aus dem Ort gealtert sind. Ob der Verstorbene von unserer Anwesenheit noch etwas gespürt hat? Früher hieß das Beten für den Verstorbenen Wachen. So auch der Refrain des Liedes: Wachet und bleibet bei mir…

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