SELBST:wert

Was ist ein Mensch wert? Man zögert diese Frage zu stellen, dieser Gedanke macht  Angst. Von welchem Wert spricht man, von einem wirtschaftlichen oder  ideellen Wert. Von dem Nutzen den ein Mensch im Rahmen einer Beziehung hat, wie lassen sich Gefühle und Unterstützung in Euro bewerten? Eltern sprechen davon, wie viel ein Kind kostet, wie viel ist mir mein Kind wert. Dazu gibt es wirtschaftliche Berechnungen, was ein Kind im Durchschnitt bis zum achtzehnten Lebensjahr kostet. Errechnet sich für den Staat der Wert eines Menschen aus dem, was er im Laufe seines Lebens an Steuern abliefert? Umgekehrt, gibt es einen Minuswert, wenn im Laufe des Lebens viele Sozialleistungen in Anspruch genommen werden und eine lange Rente bezahlt wird.

 

Gehören die freiwilligen Leistungen in einem Verein, bei einer Hilfsorganisation oder für die Nachbarschaft zum Wert eines Menschen? Wo liegt der Wert von Menschen, die es nicht schaffen im Leistungswettbewerb mitzuhalten? Womit sollen sich Senioren beschäftigen, damit sie nicht an Selbstwert verlieren. Manche entdecken ein Hobby, entwickeln einen eigenen Stil in der Malerei. Täglich ein Bild zu malen hat für sie den größten Wert. Von der Familie heißt es, dies sind Farbspielereien ohne größeren künstlerischen und finanziellen Wert. Der Wert des Malens liegt in der Beschäftigung gegen die Langeweile und Einsamkeit. Jeder soll seinen Wert selbst erkennen.

 

Wertvoll.               

VER:lassen

Im Volksmund heißt es wenn einem ein Unglück widerfährt, „man ist von allen guten Geistern verlassen“. Jeder hegt in seinem Innersten den Wunsch, dass er nicht alleine die Aufgaben des Lebens meistern muss, dass es eine unsichtbare Hilfe von außen gibt. An welche Art von Hilfestellung dabei gedacht wird, ist von Person zu Person verschieden. Die Einen denken an ihre verstorbenen Eltern, Verwandte oder Freunde, die Anderen an Heilige oder Schutzengel, wieder Andere wenden sich an ihren Gott. Es gibt Anliegen wo man sich an Behörden wendet, an öffentliche Sozialeinrichtungen oder karitative Vereine. Besonderer Bedarf für Hilfe besteht bei Naturereignissen, wie Vermurrungen und Überschwemmungen oder Lawinen. Die Auswirkungen des Klimawandels in den Alpen machten in diesem Sommer immer öfter den Einsatz von der Feuerwehr und Nachbarschaftshilfe notwendig.

 

Sich auf den engeren Familienkreis verlassen zu können ist ein Glück,  ohne diesen Rückhalt würde man viel Energie damit binden, andere soziale Strukturen aufzubauen. Vom Lebenspartner verlassen zu werden kann eine menschliche Krise auslösen. In der Werbung klingt es oft so, als könnte man alle Sorgen an die Versicherung abgeben. In einem Slogan  von einer Versicherung heißt es, „ihre Sorgen möchten wir haben“. Gemeint sind damit wohl nur die Sorgen die aus einem Schadensfall eintreten. Nicht alle können sich eine ausreichende Versicherung leisten. Von den Politikern erwartet man, dass man sich auf ihre Wahlversprechen verlassen kann.

 

Die Hinterlassenschaft.                     

KO:piert

Es ist einige Jahre her, dass vergoldete Kugelschreiber, Fotoalben oder Dokumentenmappen aus Leder als Geschenk zum Geburtstag oder für den Vatertag gekauft wurden. Zu diesem Sortiment gehörten auch die Brieftasche und das Führerscheinetui in Lederausführung. Beim Schreibzeug wird heute kaum auf die äußere Form Wert gelegt, es geht darum ob der Kugelschreiber „flüssig” schreibt, hier setzen sich die Gelschreiber durch. Das Schriftliche wird heute per SMS am Handy oder per Email am PC  geschrieben und versendet. Zum Studienabschluss werden noch schöne Kugelschreiber mit eingraviertem Namen verschenkt. Meistens werden damit Akten, Protokolle und Befunde unterzeichnet. Den „rosa Schein”, so wird der Führerschein wegen seiner rosa Farbe in Österreich genannt, hat eine Plastikkarte abgelöst. Bezahlt wird heute mit einer Kreditkarte, die Menschen haben immer weniger Bargeld in der Brieftasche. 

Die Dokumentenmappe wurde schon seit einiger Zeit von einem gewöhnlichen Plastikordner und einer Packung Klarsichthüllen abgelöst. Weit verbreitet ist heute das Kopieren von Dokumenten, Verträgen und Befunden mit allen Risiken. Veränderungen am Original sind auf der Kopie nicht zu erkennen. Kann man sich damit  eine zweite Identität schaffen. Früher brauchte es eine händisch ausgefertigte Zweitschrift mit Stempel. Bei der Vielzahl von Beihilfen und Förderungen die man in Anspruch nehmen kann, ist es unmöglich überall Originaldokumente beizulegen. Verliert man die Geburtsurkunde, dann verliert man seine Existenz.  

Der kopierte Mensch.

JA:sagen

In den Burschen steckt der Drang den Mädchen zu imponieren, dies ist nach den Möglichkeiten verschieden. Die einen wagen einen Sprung auf den abfahrenden Zug, verausgaben sich bei einem Fußballspiel, springen von der höchsten Plattform im Freibad, oder raufen mit dem besten Freund um zu siegen. Zu den Möglichkeiten zählen eine rasante Fahrt mit dem Moped durch die Kurven und eine gewagte Fahrt mit dem Snowboard über einen Steilhang. Manche Mutproben grenzen an  Fahrlässigkeit. Standen die Nachbarmädchen vor dem Haus, fuhr der Bursche mit dem Auto so rasant durch die neunzig Grad Kurve, dass nur mehr zwei Räder am Boden waren. War er zu schnell unterwegs, dann endete die Fahrt in der Wiese. Die Schäden an der Karosserie waren für den Mechanikerlehrling eine Nebensächlichkeit. Für den Führerschein war er noch zu jung, das Auto stammte vom Autofriedhof, ohne Zulassung und Kennzeichen. 

Die Liebeserklärungen sind so verschieden wie die Menschen. Die einen machen sie in einer Eisdiele, auf der Draupromenade  bei den Schwänen, bei einer Radtour am Silbersee, beim Tanzen in der Dorfdiele oder im Schulhof in der Pause.  Es passiert auch auf einem mit Herzen verziertem Briefbogen mit eigenen Liebesgedichten. Von der Möglichkeit über das Handy ein SMS „ich finde dich cool” zu senden, ahnte damals niemand. Partnerforen im Internet waren in den siebziger Jahren unbekannt. Heute kommt es vor, dass man im  Blog den Auserwählten mit der Frage überrascht, „willst du mit mir gehen” und er antwortet mit ja. Für Amulette und Liebesgetränke wurde viel Geld ausgegeben, heute reicht die Gebühr für den Internetanschluss. 

Liebestrank im Internet.

LETZTER:wille

Beim Eingang zur Napoleonwiese liegt am Boden ein verfaulter und verwitterter Baumstamm, er beherbergt ein Ameisennest. Ein Teil des Nestes ist für alle Spaziergänger sichtbar und wird auch übersehen. Manche kommen im Laufschritt vorbei, andere mit zwei Nordic Walking Stöcken, andere ziehen an der Leine vom Hund, neigen ihr Ohr dem Handy zu und nehmen etwas anderes wahr. Kaum jemand beachtet die Veilchen, die Windbuschröschen, die Vergissmeinnicht und das frische Gras. Der  Ameisenhaufen ist schwarz, er quillt von den frisch geschlüpften Ameisen über. Sie müssen ihren Platz im Ameisenstaat erst finden. Wer ist der Platzanweiser für tausende neue Einwohner. Dazwischen kommen Ameisen mit einem zehn bis fünfzehn Zentimeter langem Stück dürrem Holz daher und bringen es auf dem Ameisenhaufen in Stellung. Stossen sie mit dem Holzstück irgendwo an, dann drehen sie dieses so lange bis es weiter geht. Niemand kommt zu Hilfe, das Gegenteil ist der Fall, viele Ameisen klettern über das Hindernis hinweg. Warum sind es nur ein einzelne Ameisen, die mit einem Holzstück kommen? Für einen Außenstehenden Beobachter laufen die Anderen nur kreuz und quer umher. Von wem haben sie die Befehle, dies oder jenes zu tun, wer steuert die „Holzsammler” unter den Ameisen. Hat eine Ameise einen freien Willen oder ist es der Wille des Ameisenstaates, den es schon länger gibt als die Menschen. 

Bei uns wird darüber geforscht und spekuliert, dass es den freien Willen des Menschen gar nicht gibt. Unsere Handlungen werden im Gehirn in einem chemischen Prozess festgelegt, bevor wir sie als solche erkennen. Im Nachhinein werden die Handlungen von uns, als unser freier Wille bestätigt. Wessen Wille war es, dass ich diesen Text geschrieben habe? 

Mein Wille.