TEIL:en

Bei der Drau-Brücke in Gummern gibt es am Radweg einen Steg der in den Fluss ragt und in der Nähe einen Rastplatz mit ein paar Bänken und einem Tisch. Aus  einem rohen Stein ragt ein Wasserhahn. Es ist ideales Radfahrwetter, nicht zu heiß und nicht zu kalt. Beim Nachbarn der neben mir auf der Bank sitzt läutet das Handy. Dem Gespräch zu Folge, dem ich zuhören muss, ist es seine Frau. Sie schildert  ihm was sie heute zu Mittag kochen will und fragt ihn ob er damit einverstanden ist. Sollte er  zum Mittagessen noch nicht zu hause sein, so werde sie ihm etwas auf die Seite stellen, aber wie groß soll die Portion sein? Er antwortet: “Er  weiß nicht,  wie groß sein Hunger sein wird.

Danach steht er auf, legt seine Sonnenbrille ab, richtet sich sein T-Shirt welches aus der Hose gerutscht ist und geht zu seinem Fahrrad. Er holt aus der Satteltasche einen kleinen Leinenbeutel und beginnt mit einem Finger die vorderen Stoßdämpfer einzuschmieren. Bei genauem Hinsehen entpuppt sich die weiße Schmiere als Butter, welche zwischen seinen Jausenbroten hervorquillt.

Österrreich.

 

CA:orle II

Heute bieten die Eisenbahnlinien und die Autobahnen gute Möglichkeiten schnell und bequem das Mittelmeer zu erreichen. Durch die Alpen gibt es Tunnels und die Alpentäler verschwinden hinter den Lärmschutzwänden. An der oberen Adria, in Caorle angekommen, ist es nicht selbstverständlich, dass man das Meer sehen kann. Die Sicht auf das Meer ist durch viele Hotelreihen verstellt, nur die Hotels in der ersten Reihe können einen Meerblick anbieten. Nicht umsonst finden sich überall in der Stadt Hinweisschilder „ Maare“,  zur selbstverständlichsten Sache. Auf dem Weg zum Strand muss man die vielen Sonnenschirme und Liegen, endlos in der Tiefe als auch in der Breite, durchqueren. Kilometerlange Strände mit reservierten Strandplätzen. Zwischen den vielen Sonnenanbetern riecht es nach Sonnenöl und Sonnencreme. Das Wasser plätschert aus der Mineralwasserflasche und aus dem Lautsprecher tönt die Strandanimation. Dazwischen bewegen sich mit viel Geschick die Strandhändler mit ihren Handtaschen, Badetücher und Sonnenbrillen. Länger verweilen die Strandmasseurinnen,  um € 15. —kann man sich auf der Liege vierzig Minuten lang massieren lassen, das Körperpeeling mit dem feinen Sand inbegriffen.

 Im Zentrum gibt es ein Stück Uferpromenade wo man direkt am Meer spazieren gehen kann.  Dort ist man dem Meer ganz nahe, seinem Geruch, dem Wellenschlag, der Sehnsucht.

Strandpolizei.

VER:laufen III

Hat man sich in einer Stadt verlaufen, dann kann die Neuorientierung sehr mühselig werden. Auch bei alltäglichen Dingen kann man sich verlaufen, wie beim Konsum von Nachrichtensendungen. Wo ist die Zeit, da im Radio nur dreimal pro Tag Nachrichten gesendet wurden, einmal um acht Uhr Früh, um zwölf Uhr Mittag und um zwanzig Uhr am Abend. Heute gibt es stündlich Nachrichten, bei den meisten halbstündlichen Kurznachrichten. Dazu kommen Radiojournale in Stundenlänge. Ähnlich hat es sich beim Fernsehen entwickelt. In Österreich war einst die „Zeit im Bild“ um 19.30 Uhr ein Pflichttermin. Zu dieser Uhrzeit hat ein Großteil der Erwachsenen vor dem Fernseher Platz genommen und die Einnahme des Nachtmahl wurde nach diesem Termin ausgerichtet. Aus heutiger Sicht muss man anmerken, dass wir  beim Verlesen der Nachrichten getäuscht wurden. Wir  haben angenommen, dass die Politiker, Wissenschaftler oder Fachleute, im Fernsehen die ganze Wahrheit sagen. In den fünfziger und sechziger Jahren haben die Reporter keine kritischen Fragen an die Politiker und Fachleute gestellt, wir waren zum Glauben verurteilt.

Heute gibt es sogenannte Nachrichtensender die rund um die Uhr Nachrichten, Bilder und Fotos, aus allen Teilen der Welt senden. Man kommt, verfügt man über sehr viel Zeit, sei es Arbeitslosigkeit, Krankheit oder Pension, leicht in den Sog dieser Bilder. Stimulierend ist dabei, werden Nachrichten aus Katastrophengebieten und von Katastropheneinsätzen gesendet, wenn man feststellen kann, dass Andere schlechter dran sind,  als man selbst. So zieht man sich nicht aus dem Sumpf, so werden die eigenen Aktivitäten durch die Bilderflut abgewürgt. Eine Erweiterung der Bilderflut sind die Wetterkameras mit den Panoramabildern aus den Tourismusgebieten.

Eine Pensionistin ist täglich um zehn Uhr Vormittag in das Geschäft gekommen, hat die Bildzeitung gekauft und dabei erzählt was sie im Wetterpanorama gesehen hat. Sie hat von mindestens zehn Regionen gewusst, welches Wetter dort herrscht.

Wetterwarte.

ZU:hause

In einem Großteil der Gespräche ist heute davon die Rede, welche Reise man plant oder die Leute erzählen wo sie gewesen sind. Ein Trend sind die Städtereisen über das Wochenende. Den meisten genügen drei Tage um eine Stadt kennenzulernen. Die Hotels und die Reiseveranstalter haben auf diese Strömung reagiert, deshalb gibt es auch günstige Angebote, wenn man drei oder zwei Nächte bleibt. Wird bei einem Treffen mit Freunden vom Reisen erzählt, dann stehe ich etwas abseits, weil ich selbst wenig gereist ist und dann noch oft den selben Ort, die selbe Landschaft besucht habe. Deshalb, weil ich mehr kennenlernen will als die zehn besten Tipps vom Polyglottreiseführer.

Um etwas von einer Landschaft, von der Lebensweise der Menschen die dort leben zu erspüren, muss man öfter hinfahren. Zu verschiedenen Jahreszeiten, Begebenheiten und Feste. Nie kommt man der Seele der Menschen näher, als wenn man an ihren Feiern teilnimmt, diese nicht zum Zwecke des Fremdenverkehrs stattfinden. Auch die Gerüche, die Farben, das Licht einer Landschaft  sind in jeder Jahreszeit verschieden. So betrachtet macht beim Reisen nicht die Fülle von Orten aus, sondern die Eindrücke vor Ort. In diesem Sinne habe ich etwas von Friaul erlebt, dafür war ich noch nie in New York.

Manche wollen es anderen beim Verreisen gleichtun, sie fühlen sich ansonsten benachteiligt, obwohl sie kein Reisetyp sind. Ihnen macht eine neue Umgebung und die Änderung des Tagesablauf Beschwerden. Sie bekommen nach einigen Tagen körperliche Beschwerden, wie Magenschmerzen, Schwindel und Übelkeit, die wirkliche Ursache liegt im Heimweh. Sie fühlen sich zu Hause am wohlsten, in der vertrauten Umgebung.

Tagesausflug.

E:mobil

Der Gesundheitszustand erlaubt es nicht immer, dass ältere Leute, dabei denkt man heute an über Siebzigjährige, noch Fahrradfahren können. Eine Alternative dafür sehen jetzt viele in einem Elektrofahrrad.  Dieses bietet Unterstützung wenn es eine Steigung zu bewältigen gibt oder bei Ermüdung. Der Ankauf eines Elektrofahrrades wird von der Landesregierung unterstützt. Frauen sind  beim Kauf eines Elektrofahrrades wählerisch, es soll elegant wie ein trendiges Citybike sein, man soll von der Batterie und vom Antrieb nichts sehen. Man will sich keine Blöße geben und keine Zweifel an der eigenen Sportlichkeit aufkommen lassen. Das man mit siebzig oder achtzig noch genauso  fit und leistungsfähig ist wie mit vierzig oder fünfzig, zählt zu den Mythen unserer Gesellschaft. Bei einer Familienfeier oder bei einem Verwandtenbesuch will man seine Fitness unter Beweis stellen. Dies gilt auch, wenn man bei der Betreuung der Enkel zur Stelle ist oder den Kindern bei der Wohnungsrenovierung hilft. Die wenigsten machen die Kinder darauf aufmerksam, dass man gerne einen halben Tag hilft, aber nicht mehr, weil man nicht mehr so kann. Einen anderen  Beweis legt man in späteren Jahren den Bekannten gerne vor, dass ist der Befund von der Vorsorgeuntersuchung beim Internisten. Sozusagen das Pickerl, wie in Österreich die KFZ Überprüfung heißt. Kaum jemand der nicht gesagt hätte, dass er völlig gesund ist, dabei aber täglich sechs Tabletten einnehmen muss.

Nicht viel Zustimmung finden über Achtzigjährige die noch mit dem Auto unterwegs sind, wenn auch nur im Nahverkehr. Bei einem Bekanntenbesuch in der Steiermark ist ein Nachbar, ein älterer Herr mit seinem neuem Renault Clio, vorgefahren. Die Bekannten haben mich aufgefordert das Alter des Nachbarn zu schätzen, ich habe auf Mitte Siebzig getippt. Der Herr war siebenundachtzig Jahre alt und hat sich mit dem Einwand bemerkbar gemacht: „Jetzt, wo die Kraft seiner Füße nachlässt und er nicht mehr so gut gehen kann, hat er sich ein neues Auto gekauft“.

Sag niemals nie.