HONIG:mund

Nähert sich ein runder Geburtstag, dann zerbricht man sich den Kopf darüber, was man demjenigen oder derjenigen schenken soll. Schwierig wird es, wenn es sich um einen Geburtstag jenseits von sechzig Jahren handelt. Bis Sechzig ist dies meistens kein Problem, da wird noch vieles gebraucht. Niemand macht sich darüber Gedanken, dass es möglich sein könnte, dass derjenige das Geschenk nicht mehr benützen könnte. Für die Vierziger neigt man heute oft dazu eine Reise oder ein Wellnesswochenende zu verschenken. Was man nicht schenken kann ist die Zeit für das Wellnesswochenende. Viele Jahre haben sich Geschenkkörbe mit ausgewählten Lebensmitteln und Getränken großer Beliebtheit erfreut. Inzwischen verzichten viele darauf, weil die Beschenkten in der Auswahl der Lebensmittel wählerisch geworden sind. Ein  Zukunftstrend ist der Geschenkkorb mit biologischen Nahrungsmitteln. Weil man keine Idee hat und auch die Frau keine Wünsche  geäußert hat, will man einer Fünfundachtzigjährigen zum Geburtstag zehn Kilo Honig schenken. Dieses Jahr ist ein sehr ertragreiches Honigjahr und es gibt in der Familie einen Imker. Eine Möglichkeit ist, bei runden Geburtstagen auf persönliche Geschenke zu verzichten und um eine Spende für eine caritative oder humane Vereinigung zu bitten.

Überrascht zeigt man sich, wenn man eine Einladung zum siebzigsten Geburtstag bekommt, um dann erstaunt auszurufen:  „So alt ist sie oder er schon“. Dabei ist man selbst nur mehr einige Jahre davon entfernt. In der Kindheit war ein Siebzigjähriger ein alter Mann, den man im Altersheim besucht hat. Jetzt soll man mit siebzig noch die Jugend gepachtet haben und stimmen die Aussagen der Politiker und der Soziologen, wird kein Jahrzehnt vergehen und wir müssen bis siebzig Jahre arbeiten.

Honig um den Mund streichen.

LUFT:sparen

Seit wir die Wirtschaftskrise haben, spricht man an allen Orten vom Sparen, oftmals wird dabei an den täglichen Einkauf gedacht. Das Durchblättern der täglichen Angebotszettel von Billa, Lidl oder Hofer gehört zur täglichen Morgenlektüre, bei manchen vor dem Lesen der Tageszeitung. Obwohl man es lange Zeit abgelehnt hat an einem Samstag einzukaufen, weil an diesem Tag alle einkaufen, fährt man in den Supermarkt, weil an diesem Tag alle Biersorten um 25 % billiger sind. Den größten Einsparungsbereich gibt es bei den Lebensmitteln, dafür muss man  aber auch bei der Qualität der Lebensmittel Abstriche machen. Bei der Bekleidung ist es heute chic sich ständig neu einzukleiden, nach der neuesten Mode, da kommen nur die günstigen Kleider von den Textilketten in Frage. Man trägt die Hosen, Jacken und Blusen nicht mehrere Jahre, sondern nur eine Saison.

Manches lässt sich auch, sind Kinder in der Familie, bei den Schulartikeln einsparen. So werden die Hefteinbände vom vergangenen Schuljahr benützt, die Farbstifte und Filzstifte  einzeln ergänzt. Die modische Füllfeder wird abgelehnt und es muss nicht jedes Jahr eine neue Schultasche geben.

Im Wohnbereich kann man durch Absenkung der Raumtemperatur von zwei Grad bis zu zehn Prozent bei den Heizkosten einsparen. Eine Alternative ist,  einen Pullover mehr anzuziehen, statt Warmwasser mehr Kaltwasser zu verwenden. Seit die Regierung im Rahmen der Budgetsanierung plant eine Luftsteuer einzuheben, denken manche über die Möglichkeit nach, ihre Atemzüge zu reduzieren. Welche Auswirkungen dies auf die Gesundheit der einzelnen Menschen haben wird, ist noch ungeklärt.

Tief Luft holen.

WELT:meister

Lokale Berühmtheit hat der Ort im Montafon dieses Jahr dadurch erhalten, dass hier die Spanische Fußballnationalmannschaft vor der Fußballweltmeisterschaft trainiert hat. Besonders stolz ist man darauf, seit die Spanier Weltmeister geworden sind. So erwartet man für diesen Herbst noch einmal den Besuch der Nationalmannschaft. Ein historischer Renner, der sich seit Jahrzehnten vermarkten lässt, war der Besuch des Schriftsteller Ernest Hemingway in den dreißiger Jahren des vorigen Jahrhundert. Werbemäßig werden sich dagegen die Trainingswochen der spanischen Nationalmannschaft als kurzlebig erweisen. Viele wissen nicht mehr, wer der vorletzte oder vorvorletzte Fußballweltmeister war.

Bei der Haltestelle in der Battloggstraße sitzen auf einer Bank drei Burschen und ein Mädchen. Ein Bursche und ein Mädchen rauchen, die zwei anderen Burschen spucken in kurzen Abständen auf den Boden. Das Mädchen, als Höllenmagier gekleidet, gepierct und tätowiert liest den anderen ein Schreiben vom AMS vor und wirft es dann in den Papierkorb. Der Zug fährt ab.

Krauthobel.

UN:vergessen II

Es ist üblich, dass man auf der Trauerpate und bei einer Traueranzeige in der Tageszeitung schreibt: „Er ist unvergesslich“. Bei der Trauerpate kommt dieser Satz von den engsten Angehörigen, wo der Verstorbene eine Lücke im Familienverbund hinterlässt. Nach einer Todesanzeige von einer Firma wird der Verstorbene sehr schnell durch einen Neuen ersetzt. Der Nachfolger wird sich bemühen, neue Ideen und Pläne einzubringen, sodass nichts mehr an den Vorgänger erinnert. Manchmal erfährt man erst zwei oder drei Wochen später, dass ein Mensch verstorben ist, den man Jahre lang gut gekannt und gemeinsam schöne Abende verbracht hat. Irgendwann hat man sich aus den Augen verloren, obwohl man im selben Ort wohnt. Erkranken Leute, dann ziehen sie sich immer mehr zurück, zeigen sich nicht mehr im Alltag und sterben. In einem Fall denke ich an manche gemeinsame Jahreswechsel, wobei wir uns bei Hausmannskost und ein paar Getränken bestens unterhalten haben. Zur Stimmung beigetragen haben harmlose, aber wirksame Scherzartikel, wie Zauberwürmer, Blitzwatte und Knalleinlagen für Zigaretten. Den Abschluss bildete das Abschießen der Silvesterraketen.

Gemeinsam sind wir in das damals noch existierende, benachbarte Jugoslawien gefahren, wo sich die Raucher mit günstigen Zigaretten eindeckten. Zollfrei einführen durfte man drei Schachteln. Als Nichtraucher habe ich für die Raucher drei Schachteln mitgenommen. Gelohnt hat sich ein Ausflug, wenn man es schaffte mehrere Stangen Zigaretten zu schmuggeln. In den siebziger Jahren wurde an der jugoslawischen Grenze streng kontrolliert und beim Schmuggeln von Zigaretten oder Spirituosen drohte nicht nur eine Geldstrafe, sondern die Beschlagnahme des Autos. Damals waren die Zierpolster mit verschiedenen Motiven, wie Blumen, Pferde oder Katzen, Mode und man sah sie im Heckfenster eines jeden Autos. Ein Schmugglertrick bestand darin, die Zierpolster ohne Füllmaterial nach Jugoslawien mitzunehmen, um sie dann mit Zigaretten zu füllen und sie in das Heckfenster zu legen. So kam man durch jede Kofferraumkontrolle. Die VW Käfer waren dafür gut geeignet. Beatle.

UN:vergessen

Jeder hat in seinem Leben unvergessliche schöne Momente. Manche sagen, dass gerade die schlechtesten Ereignisse unvergesslich bleiben. Für neue Eindrücke, will ich sie nicht vergessen, brauche ich heute das Notizbuch. Am leichtesten erschließen sich manche Ereignisse, wenn man auf Fotos zurückgreifen kann. Hat man Glück, dann kommt man mit einzelnen Personen wieder in das Gespräch. Es kann sein, dass abgebildete Personen verstorben sind, ohne dass man davon benachrichtigt wurde. Ein unvergesslicher Augenblick ist für mich, als ich das erste Mal die Kirche in Portoroz betreten und die Kreuzigungsgruppe von Temschwar gesehen habe. Christus hat eine Hand vom Kreuz gelöst und ergreift damit die Hand einer hilfesuchenden Frau und lächelt ihr aufmunternd zu. Jedes Mal wenn ich in Portoroz bin, dann besuche ich diese Kirche und präge mir das Altarbild aufs Neue ein. Die Kreuzwegbilder an der Kirchenwand stammen von der Künstlerin Mira Licen – Krmpotic. Für sie bedeutet Auferstehung sich im Leben, nach einem Schicksalsschlag, wieder aufzurichten.