fuku:shima

Während der Messfeier wurde aus dem Alten Testament die Stelle vorgelesen, wo Gott zu seinem auserwählten Volk Israel, kurz nach der Sintflut, spricht. Durch die Sintflut wurde alles was sündig war vernichtet. Nur Noah mit einer Schar auserwählter Menschen und Tiere überlebte. Nach der Sintflut sprach  Gott zu den Menschen: „Ich schließe mit euch einen neuen Bund, ich verschone euch mit Sturmflut und Sprintflut, wenn ihr meinen Gesetzen und Geboten gehorcht“. Es sind gerade zwei Jahre vergangen, seitdem durch ein Erdbeben im indischen Ozean eine Sturmflut, ausgelöst wurde und einige Küstenstreifen von Japan verwüstet wurden. Dabei wurde auch  der Atomreaktor in Fukushima beschädigt und es kam zu einer Kernschmelze. Dadurch wurde die ganze Gegend verstrahlt und unbewohnbar. Bis heute ist es ungewiss, wie viele Menschen dabei gestorben sind und wie man das verseuchte Kühlwasser entsorgen kann.

Dabei frage ich mich, wo bleibt der Bund, den uns Gott versprochen hat, wir haben ja bis heute das Wort Gottes verbreitet. Milliarden Menschen zählen zu den Gläubigen,  wenn auch in verschiedene Religionen aufgeteilt. Hat Gott bei der Katastrophe von Fukushima  sein Wort gebrochen? Der Pfarrer, den ich nach der Messe angesprochen habe, ließ anklingen, dass wir zu sündig leben. Das Gott immer einmal eine Sturmflut schickt um uns zu bestrafen, manche Katastrophen eine Folge unserer Sündhaftigkeit sind.

Da niemand von Schicksalsschlägen verschont bleibt, auch ich nicht, schimpfe ich im geheimen und auch öffentlich mit Gott. Ich bin traurig über Unglücke die mir durch Zeitungen, Fernsehen oder Nachbarn zugetragen werden. Mein Zorn richtet sich gegen Gott, weil welcher Mitmensch diesen Zorn ertragen würde. Ich erzähle ihm von meinem Leid und meiner Verzweiflung, aber auch von meinen Freuden, wer sonst ist zu jeder Tages- und Nachtzeit erreichbar. Wir Menschen sind, trotz sozialer Bindungen einsam.  Bei der Größe des Universums, bei der Fülle der Nachbarplaneten, sind wir als Menschheit auf der Erde erst recht einsam. In diesem gigantischen Weltall ist Gott der einzige Ansprechpartner, den wir außerhalb unserer Erde haben.

Das DU-Wort.

papst:wahl

Jetzt, wo die Amtszeit von Papst Benedikt vorbei ist denke ich an meine Empfindungen, als ich das erste Mal im Radio die Nachricht vom Papstrücktritt gehört habe. Es lief mir ein Schauer über den Rücken. Ich empfand diese Ankündigung als eine Herabstufung des Papsttums zu einer Banalität. Der Rücktritt bedeutet, dass die zukünftigen Päpste von ihrem Amt zurücktreten können,  in letzter Konsequenz wieder abgewählt werden können. Eine skurrile Aussicht und wo bleibt das Göttliche? Jesus sagte: „Du bist Petrus und auf diesem Felsen werde ich meine Kirche bauen und die Stürme des Meeres werden nichts ausrichten können.“

Ich trete dafür ein, dass die Kardinäle keinen neuen Papst mehr wählen, sondern auf einen Papst als Oberhaupt der kath. Kirche verzichten.  Ebenso auf den alleinigen Wahrheitsgehalt, den Gehorsam- und Unfehlbarkeitsanspruch. Zumindest das Wahlrecht reformieren, dass ein Papst von den Kardinälen mit einer Mehrheit auch wieder abgewählt werden kann und keine unfehlbare Person mehr ist. Einen Schritt weiter geht mein Vorschlag, dass die kath. Kirche demokratisiert wird. Dies würde bedeuten, dass jeder volljährige Gläubige das aktive und passive Wahlrecht erhält. Die Funktionäre, wie Bischöfe und Kardinäle, würden vom Kirchenvolk direkt gewählt werden. Die Wahlen würden in regelmäßigen Perioden stattfinden. Bei der entsprechenden Ausbildung in Glaubensfragen, kann jeder zum Bischof oder zum Kardinal gewählt werden. In der Bibel gibt es viele Stellen, wo Jesus danach verlangt, er möchte zum Volk sprechen, nicht zu den Schriftgelehrten. Es war ihm ein Anliegen, dass das Volk im Zentrum der Kirche steht, also auch bei den Funktionen.

Ich war von meinen Überlegungen und von dem Schritt den die kath. Kirche in die Zukunft machen könnte so begeistert, dass ich geplant habe meine Ideen beim nächsten Pfarrcafe einem größeren Personenkreis zugänglich zu machen. Die Lebensgefährtin hat mir davon abgeraten, es war mehr ein Verbot.

Amen.

PARA:dies II

Eine der Ambitionen die wir Österreicher haben, wenn wir nicht mehr ganz jung sind, ist die Aussicht auf die Pension. Es ist noch nicht lange her, da hat man sich vor der Auswahl des Arbeitsplatzes darüber Gedanken gemacht, nach wie vielen Jahren kann ich bei diesem Job und bei dieser Firma in Pension gehen. Auch nach dem Kriterium wie sicher ist der Arbeitsplatz. Bei staatlichen Unternehmen hat man ab dem ersten Arbeitstag gewusst, an welchen Tag man in Pension gehen kann. Trotz des geringeren Anfangsgehalts im öffentlichen Bereich, hat man sich gerade wegen dieser Pensionsaussichten um eine Anstellung beworben.

Steuert man auf die Pension zu dann hört man schon Jahre vorher von Freunden, dass man sich darauf freuen soll. Es wird vorgeschwärmt was man alles machen kann. Im engsten Familienkreis wird davon gesprochen, dass sich vieles bessern wird, wenn der Tag der Pension da ist. Selbst denkt man auch daran, dass man seinen Leidenschaften und seinen Hobbys nachgehen kann, die im Arbeitsalltag zu kurz gekommen sind.

Im Vorfeld werden die Schwierigkeiten der Umstellungsphase, von der Berufswelt in die Pensionswelt, unterschätzt.  Es kann sich auch nach Monaten das Pensionsparadies nicht einstellen. Es ist niemand in der Nähe der sagt: „Noch heute wirst du mit mir im Paradies sein“,  im irdischen Paradies. Dabei werden Dinge, die sich angenehm von der Berufsphase unterscheiden, übersehen: Die tägliche Verpflichtung zur Arbeit, die Forderungen der Kunden und des Arbeitgeber voll zu erfüllen.

Die Altersweisheit und die Dankbarkeit an den Schöpfer lassen auf sich warten. Ohne Arbeitsleistung wird eine wertbeständige Pension ausbezahlt.

 Paradiesverdächtig.

PARA:dies

In verschiedenen Lebenssituationen beneidet man den Schächer der mit Jesus am Kreuz hingerichtet wurde. Ihm hat Jesus versprochen: „Noch heute wirst du mit mir im Paradies sein“. Hinzufügen muss man, dass diesem Versprechen der Tod vorausgegangen ist. Auch wir kommen in Situationen, von denen es im vornhinein geheißen hat, das wird das Paradies sein. Die Prospekte der Reiseveranstalter versprechen uns für die Urlaubswochen einen Aufenthalt wie im Paradies. Für den Urlaub den man zu zweit verbringt erhofft man sich dies erst recht, auch dann, wenn es zuhause Probleme gegeben hat. Paare erzählen, dass es auch dann im Urlaub Unstimmigkeiten gegeben hat, obwohl man zu Hause  miteinander gut zusammen gelebt hat. Eine andere Paradiesvorstellung ist ein Arbeitsplatz, der einem Spass macht. Er soll an einem Ort mit einer schönen Umgebung, an einem See oder an einem interessanten Ort, wie in der Innenstadt, gelegen sein.  Plätze, wo durch den ständigen Wechsel von  Menschen die Welt ins Haus kommt. Schöne Plätze haben oft nichts mit dem Paradies zu tun, meistens befindet sich das Paradies dort, wo wir nicht sind, auf der gegenüberliegenden Seite.

Der Bezug einer neuen Wohnung ist der Einzug in ein Paradies, bis es mit den Nachbarn zu Meinungsverschiedenheiten kommt. Schon bei der Frage der Belüftung des Stiegenhauses oder ob es im Stiegenhaus Blumen geben darf, kann das gute Einverständnis scheitern. Verschiedene Meinungen können zu einem Glaubenskrieg ausarten. Man hat den Eindruck, dass die Menschen darauf drängen aus dem Paradies vertrieben zu werden. Den Frieden im Paradies gegen die Wirrnisse der Wildnis tauschen. In uns steckt ein Stück Steinzeitmensch, dessen Reflexe auf Angriff ausgerichtet sind, von Harmonie war damals noch keine Rede. So laufen wir in vielen Bereichen, sei es in der Freizeit, im Beruf und im Alltagsleben dem Paradies hinterher. Auf die Idee, dass das Paradies in uns selbst liegt, in unserer Ausgeglichenheit und Zufriedenheit, kommen die wenigsten.

Klosterregeln.   

REIN:heit

Am Pfingstsonntag wurde in der Herz-Jesu Kirche in Klagenfurt- Welzenegg  beim Gottesdienst die Messe „Atem der Reinheit „ vom Komponisten Hossam Mohmoud uraufgeführt. Die Wände und die Decke des  Kirchenraumes sind ganz in weiß, man hat auf jede Farbe verzichtet. Damit wird die ganze Aufmerksamkeit auf eine historische Christusfigur an der Stirnseite  und auf die rituellen Handlungen  während der Messfeier, am Altar, gerichtet. In mir spüre ich eine Erwartungshaltung wie bei einer Konzertaufführung, mit zwei Musikern und einem Pfarrer.

Den Einzug von Pfarrer Deibler begleiten Atemgeräuschen, wobei ich mich frage, sind dies meine Atemgeräusche, die in verstärkter Form aus den Lautsprechern kommen? Am Altar angekommen fordert uns der Pfarrer auf, sieben tiefe Atemzüge zu machen, um uns innerlich zu sammeln. Sein Messgewand, bunt wie ein afrikanisches Festtagskleid,  unterscheidet sich deutlich von den Messgewändern mit den gestickten Goldornamenten.

 Die Musik wird auf der Oud von Hossam Mohmoud und auf der Violine von Frank Stadler vorgetragen und dringt  tief in den Bauchraum ein. Zu den Messteilen, wie Gloria, Sanktus und Agnus Dei gibt es arabische Musik, die nicht selbst im Mittelpunkt steht, sondern die innere Sammlung des Menschen anstrebt. Die Messtexte zu Introitus, Kyrie und Offertorium  werden von Pfarrer Deibler Satz für Satz  vorgehaucht, mit bewusster Atmung gesprochen und die Kirchengemeinde antwortet  auf derselben Ebene. So kommuniziert der gebrochene Atem der Pfarrgemeinde mit der Musik  „Atem der Reinheit“. Das Glaubensbekenntnis und das „Vater unser“ erlebt man körperlich, wenn die Worte bewusst mit der Ausatmung gesprochen werden.  Die Kirchenbesucher  entlassen die Wörter in den Kirchenraum und diese werden von den Musikern eingefangen und mit der Oud und der Violine wiedergegeben. Der Komponist Hossam Mohmoud sagt: „Die ganze Natur atmet, jeder der atmet sagt Gottes Namen“.

In der Bank vor mir sitzt eine Mutter mit ihrem behinderten Kind auf dem Schoß. Es ist in eine Decke gehüllt, dem äußeren Eindruck nach zumeist schlafend. Manches mal ist es mir unklar, ob die Atemgeräusche von dem Kind oder von den Musikern kommen. Mir kommt es vor, als ob eines der möglichen Willensäußerungen des Kindes, sein Atem ist. Unterschiedlich, ob es sich wohl fühlt  oder ob es unruhig ist, hat es leise oder laut geatmet. Für ihn ist die Atmung wichtig, für uns  selbstverständlich und meistens gehen wir mit dem Atem sorglos um. 

Lobgesang.