thermal:bad II

Im Restaurant, beim Tagesteller, Pute mit Reisfleisch, komme ich mit einem Gailtaler Bildhauer in das Gespräch. Er hat seinen  Aufenthalt in Villach auch dazu benützt, um der Therme einen Besuch abzustatten. Er hat es bitter nötig, seine Hände, Rücken und Glieder bereiten ihm durch das jahrzehntelange Bearbeiten von Marmor und Granit, Schmerzen. So erhofft er sich vom Wasser eine Linderung der Beschwerden. Er kann sich nicht vorstellen, stationär eine dreiwöchige Badekur zu absolvieren. Dabei käme er sich eingesperrt vor. Nachdem seine intensive Schaffensepoche vorbei ist, nimmt er sich beim Arbeiten zurück. Als Künstler arbeitet er jetzt sozusagen an seiner eigenen Skulptur, am eigenen Körper. Für mich, einem skulpturalen Laien waren seine Aussagen, als Bildhauer, zur Architektur der Therme sehr aufschlussreich.

Die Innenarchitektur findet er sehr spannend. Etwas enttäuscht ist er von der Größe des Innen- und des Außenbeckens,  im Verhältnis zur Größe des Innenraumes. Seinem Empfinden nach bedeutet Wasser etwas, wo man hinein und hinab taucht. In dieser Therme sei es gerade umgekehrt, zum größten Becken, dem Sportbecken, muss man hinaufgehen. Das Sportbecken hätte er sich zu ebener Erde, auf einer Ebene mit den anderen Becken gewünscht. Betrachtet er vom ersten Stock aus das Außenbecken, empfindet er dieses als eine kleine Lacke, wie man dies auf kärntnerisch sagt. Eingezwängt zwischen dem Thermen- und dem Hotelkomplex. Als Neuankömmling ist es von vornherein nicht klar, wo der Eingang in das Bad ist. Der Eingangsbereich könnte etwas dominanter sein. So sind die Vorstellungen und Geschmäcker über Architektur verschieden. Was alle Besucher vereint, ist der Badespaß.

Schildkröte.

thermal:bad I

Die Kärnten Therme ist in die Zeitungsschlagzeilen gekommen, weil die Baukosten überschritten wurden. Dies ist bei öffentlichen und halböffentlichen Bauten öfters anzutreffen. An der Thermengesellschaft  ist auch die Stadt Villach beteiligt. Im ersten Winter gab es ein Problem bei der Dachkonstruktion, dort ist ein Riss aufgetreten, der saniert werden musste. Für die riesigen Hebekräne wurde damals der Besucherparkplatz gesperrt. Mehrmals in der Woche war ich in der Nähe unterwegs und habe jedes Mal mit Staunen dem Aufbau der Kräne zugeschaut. Über eine Woche hat die Montage gedauert. Der Großteil wurde aus Deutschland angefordert. Vor ein paar Monaten gab es eine Meldung, dass die Einnahmen der Therme hinter den Erwartungen zurück bleiben. Es wurde eine finanzielle Unterstützung seitens der Stadt verlangt. Als Ursache wurde angegeben, dass die Besucher pro Thermenbesuch zu wenig Geld ausgeben.

Dies bedeutet wohl, dass die Besucher außer dem Badeeintritt keine weiteren, bzw. zu wenige Zusatzleistungen kaufen. Wie einen Eintritt in den Spa- und Saunabereich, Massagen, Pediküre oder einen Aufenthalt im Fitnessraum. Wahrscheinlich konsumieren die Gäste auch zu wenig im badeeigenen Restaurant. Ein Hinweis dafür, dass die Besucher nicht uneingeschränkt Geld zur Verfügung haben. Das Schwimmen im Innen- oder Außenpool, und die Sprudelliegen, sind für die meisten schon Erholung genug. Die Kärntentherme hat ein Herz für Senioren. Am Donnerstag  gibt es den Tageseintritt in die Therme und dazu einen Mittagsteller im Restaurant, alles zusammen  für € 19.–.  Dies verführt doch einige Senioren und Seniorinnen sich auf den modernen Baustil und den gestylten Innenbereich einzulassen. Wenn auch von einigen Senioren, die kaum eine der zwei großen Wasserrutschen in Anspruch nehmen, die klein gehaltenen Schwimmbecken bemängelt werden.

Sprudelliegen

männer:fasten

Aufrufe zur Mäßigung und Verzicht sind schon lange nicht mehr eine Domäne der Religionen. Die Hotelerie hat den Mehrwert, sprich die zusätzlichen Umsatzmöglichkeiten in der Fastenzeit erkannt. In Vitalzeitschriften und in den Gesundheitsbeilagen der Tageszeitungen wird für Basenfasten, Heilfasten und andere Schlankheitskuren eifrig Werbung gemacht. Diese werden garniert mit Angeboten aus dem Wellnessbereich.  Versehen mit dem Hinweis, dass trotz Kalorienreduktion die Gaumenfreuden nicht zu kurz kommen. Zu sehr will man den wohlstandsverwöhnten Menschen nicht herausfordern, höchstens was die Kosten eines solchen Fastenurlaubs  anlangen. Mit ihren Angeboten stehen sie in Konkurrenz zu den Kurheimen und den Klöster, welche schon seit Jahrzehnten Fastenwochen anbieten und dabei auch den spirituellen Aspekt mit einbinden. Dabei wird der Versuch unternommen nicht nur den Körper von Schlacken zu reinigen, sondern auch die Gedanken vom geistigen Müll und Unrat zu entsorgen. Wir kämpfen heute nicht nur für eine reine Umwelt, sondern auch gegen eine geistige Umweltverschmutzung. Einige Kurhäuser haben sich auf Behandlungen nach Pfarrer Kneipp spezialisiert, welche die Wiederherstellung des seelischen Gleichgewichts miteinschließen. Neben den Anwendungen nach alten Weisheiten der Europäischen Medizin, fließen Behandlungen von östlicher Medizin, wie Ayurweda und Traditionelle Chinesische Medizin mit ein. Im Allgemeinen hat man die Erfahrung gemacht, dass Fasten und Verzichten in der Gruppe oder im Rahmen eines Kuraufenthalts leichter fällt, als wenn man es als Einzelperson durchführt.

Neben der Kurhotelerie lässt auch die Gastronomie und die Lebensmittelindustrie das Segment Fasten und Diät nicht aus ihrem Blickwinkel. Aktive Gastronomen bieten nicht nur rund um den Aschermittwoch Fastenspeisen an, in manchen Lokalen gibt es täglich ein Fastenmenü.  Passend dazu das alkoholfreie Fastenbier. Im Genussmittelhandel sind die fett- und kalorienreduzierten Lebensmittel schon lange kein Nischenprodukt mehr. Sie füllen im Supermarkt eigene Abteilungen. Auch das beliebte Coca Cola gibt es ohne Zucker, laut Werbung mit demselben Geschmack.

Wem dies alles noch zu wenig ist, der findet in den Fitnessstudios spezielle Coach, die ihren Teil zum Abnehmen und Schlankwerden beitragen. Vornehmlich zielt die Werbung dabei auf die weibliche Kundschaft. Im selben Atemzug gibt es die passenden, schlankmachenden Pillen aus der Apotheke. Bis zur Badesaison sind es nur mehr drei Monate. Von der Fastenzeit geht man nahtlos zu den Frühlingskuren, zum schnellen Abnehmen, über. Ich bin gespannt, welche neue Diät in diesem Frühjahr auftauchen wird. Mit einer einzigartigen Fastenidee überraschte uns eine Bekannte, sie werde in den nächsten Monaten Männerfasten. Nach einer unglücklichen Beziehung werde sie im nächsten Zeitraum die Männer keines Blickes würdigen.

Ausschweifungen

montag:fasten

Während der vierzig tägigen Fastenzeit wird von den Kirchenkanzeln viel über die Buße und das Fasten gepredigt. Wobei diese Botschaften nur einen sehr geringen Teil der Bevölkerung erreichen. Denke ich an den durchschnittlichen Kirchenbesuch, sonntags in Völkendorf, dann sind es etwa siebzig Menschen. Bei einer Bevölkerungszahl von etwa siebentausend, in den Stadtteilen Völkendorf, Judendorf und Warmbad, dann sind dies gerade ein Prozent der Einwohner. Mehr Gläubige finden sich zu den hohen kirchlichen Feiertagen wie Weihnachten und Ostern in der Pfarrkirche ein. Gut besucht sind auch die Vorstellungsrunden der Erstkommunion- und der Firmungskinder. Zum überwiegenden Teil wohl deshalb, weil es für die Kinder und die Eltern Pflicht ist, daran teilzunehmen.

Den verlässlichen Kern der Kirchenbesucher bilden die Älteren, ich würde sagen die Menschen in der zweiten Lebenshälfte. Heute denkt man beim Fasten nicht nur an den Verzicht bzw. die Reduktion von Speisen, man schließt auch den Verzicht auf Fernsehen, Internet und das Auto ein. Dafür gibt es neuerdings eigene Schlagworte wie, Autofasten oder Offline zu sein. Andere versuchen vierzig Tage lang keinen Alkohol zu trinken, den Kaffeegenuss zu reduzieren oder auf das Coca Cola zu verzichten. Naschkatzen probieren es mit weniger Süßigkeiten und Mehlspeisen. Auf der Gegenseite sollte man in dieser Zeit besonders spenden freudig und hilfsbereit gegenüber ärmeren Mitmenschen sein. Dies alles und noch mehr wird in den Sonntagspredigten zur Sprache gebracht. Wie weit man sich einschränken will und zu welcher Zeit, sollte jedem selbst überlassen-sein.

In den letzten Jahren haben sich diese Ermahnungen und Aufrufe gebetsmühlenartig  wiederholt. Etwas wurde bei den Sonntagsapellen, bewusst oder unbewusst, ver-schwiegen. Vom kirchlichen Gebot des Fastens sind Kinder, Kranke und Menschen über sechzig Jahre befreit. Diese Personengruppe macht den größten Teil der Messebesucher aus, nur der Prediger hat dies all die Jahre nicht erwähnt. Für die Unterstützer eines Missionsprojektes in Indien gab es in Villach einen Dankgottesdienst von einem indischen Priester. Er strahlte eine herzliche Fröhlichkeit aus und für mich überraschend verwies er in seiner Predigt darauf, dass vom Fastengebot oben genannte Personen ausgenommen sind. Dass man in der Fastenzeit auf Sex verzichten soll, habe ich von der Kanzel noch nie gehört. Vielleicht traut man den Senioren, den häufigsten Kirchenbesuchern, diesen nicht mehr zu und hält Sex im Alter für ein geschlossenes Buch.

Schaltjahr

ver:hext II

Als ich in das Haus des Onkels in Judendorf  komme, sitzt in der Küche eine gesellige Rund. Auf dem Tisch Speck, Hauswürste und Käse, die Zutaten für eine Kärntner Brettljause. Die Anwesenden haben eine Flasche Bier vor sich, bei manchen ist es schon die Zweite und die Dritte. Der Jubilar liegt bleich und verstört im Nebenzimmer, er ärgert sich grün und blau darüber, dass er das Bett hüten muss. Seine Frau hat bereits den Arzt verständigt. Sie ist gerade dabei alle Medikamente, etwa zehn, welche er täglich einnimmt, auf das Nachtkastl zu stellen. Damit verschafft sie dem Arzt gleich einen Überblick. In der Küche wird es immer lauter und turbulenter, da hilft keine Aufforderung leiser zu treten. Der herbeigeeilte Arzt verordnet dem Jubilar zuallererst Ruhe und Schonung, eine Geburtstagsfeier hat nicht immer nur Vorteile.

Die Event-Gesellschaft hat noch nie auf das Befinden anderer Menschen Rücksicht  genommen, man versucht sich bestmöglich zu unterhalten. Dabei eventuell auch einander zu übervorteilen. Nicht oft gibt es die Gelegenheit, so schnell und so einfach, einen Großteil der Verwandtschaft anzusprechen. Diese mit Sonderkonditionen für eine Freizeitunfallversicherung zu locken. Jeder versucht bei der Zusammenkunft für sich das Bestmögliche herauszuschlagen. Für familienferne Besucher, welche über eine einflussreiche Position verfügen, gelten Verwandte als Dosenöffner. Diese sind die bevorzugten Beutetiere. Aufbauend auf die Integrität des Verwandten verwickelt man offizielle Besucher leicht in eine geschäftliche Diskussion. Sie stimmen weiteren Konsultationen gerne zu. Gleich einem guten Schnaps sind die vorhandenen Kontaktmöglichkeiten eine Einstiegsdroge für halbseidene Geschäfte. Familiäre Verbindungen hindern niemanden daran sich gegenseitig auszutricksen, um das Bestmögliche aus der Verwandtschaft herauszuschlagen. Das Familienbiotop gehört zu den besten Fischereirevieren.

Petri Heil.