duft:spur II

Geht man vor der Mittagszeit durch das Stiegenhaus eines Mehrparteienhauses, dann weht einem eine Mischung aus verschiedenen Gerüchen entgegen. Aus den Wohnungen dringen die unterschiedlichsten Essensdüfte. Besonders intensiv empfindet man den Geruch von Kohl, Kartoffeln, Fisch, Bratwürsten oder Sauerkraut. Mit unserem Riechorgan, der Nase,  haben wir es nicht einfach. Schon seine markante Form und der Sitz inmitten des Gesichtes stellt für manche ein Ärgernis dar. Besonders dann, entspricht das Aussehen nicht den gängigen Schönheitsidealen.

Unter vielen ist der Urlaub auf dem Land oder direkt auf einem Bauernhof beliebt. Die meisten sind dann doch etwas irritiert, wenn sie mit den Gerüchen des Landlebens konfrontiert sind. Am intensivsten erlebt man es direkt am Bauernhof. Betritt man den Viehstall, egal ob Kühe, Schweine oder Schafe, die Düfte können einem den Atem wegnehmen. Kommt der Gast in den Bereich wo der Mist und die Gülle entsorgt werden, dann endet dort zumeist die Begeisterung für das Landleben. Die meisten Gäste sind verärgert, wenn durch das gekippte Zimmerfenster der Gülleduft weht.

Ähnlich ertragen wir es kaum, als Liebhaber des Wiener Schnitzel und des Zwiebelrostbraten, wenn wir bei einem Bauer, Zuschauer einer Schlachtung werden. Zumeist passiert dies nicht ohne Gegenwehr des Schlachtviehs. Wer beim Sauschlachten schon dabei war, erwehrt sich nicht des Gefühls, das Schwein wüsste, was ihn als nächstes erwartet. Für alle Fleischliebhaber ist es gut, dass beim Fleischhauer oder beim Bauer beim Schlachten so etwas wie Routine herrscht. Bei den Kleinbetrieben wird für die Tiere bis zur Schlachtreife für eine artgerechte  Haltung gesorgt. Auch beim Metzgern wird mit der notwendigen Behutsamkeit vorgegangen. Letztendlich endet alle Fürsorge bei den Nutztieren mit dem Vermarkten, dem Tod.

Schlachtschmaus

duft:spur I

Im Laufe seiner Lebensjahrzehnte entwickelt jeder Mensch seine besonderen Eigenheiten. Manche lieben eine aufgeräumte Wohnung, andere legen Wert auf geputzte Schuhe. Von verschiedenen Frauen wird das Zeitungslesen beim Essen  nicht geduldet, manche Männer wollen darauf nicht verzichten. Neuerdings wird die Zeitung durch das Smartphone abgelöst, es liegt am Esstisch neben dem Besteck. Verschiedene steuern in einem Cafe sofort einen Platz in Fenster- oder Türnähe an, besonders wenn das Cafe überfüllt ist. Diesen ist ein Fluchtweg wichtig. Einigen ist es wichtig zwischendurch schnell einmal die Hände zu waschen, manche wollen ohne Kopfbedeckung keinen Schritt vor das Haus machen. Wenige lieben es, zehn Minuten zu früh, vor der Abfahrt des Stadtbusses, auf der Haltestelle zu sein. Von manchen hat die Uhr mindestens drei Minuten Vorlauf, damit sie nicht zu spät  kommen. Einzelne sehen sich bestätigt, wenn sie auf die Minute genau bei der Veranstaltung eintreffen.

Am stärksten in Mitleidenschaft gezogen werden unsere Gewohnheiten beim Geruchssinn. Was für den einen himmlisch riecht, wie Gailtaler Hauswürstel, ist für jemanden anderen kaum zu ertragen. Bei Käsesorten gibt es oft unterschiedliche Geruchswahrnehmung. Manche vertreten die Meinung, je intensiver der Käse riecht, umso besser seine Qualität. Etliche beginnt es zu würgen, wenn bei der Kärntner Brettljause der Glundnerkäse sein Aroma versprüht. Gerne esse ich zwischendurch einen Fisch, da immer davon gesprochen wird, er ist so gesund. Als Vorbild  werden die Mittelmeerbewohner angeführt, welche keine erhöhten Cholesterinwerte haben und kaum an Herz- und Venenkrankheiten leiden. Beim Braten des Fisches ist es zumeist unvermeidbar, dass intensiver Geruch entsteht. Am liebsten würde ich diesem aus dem Weg gehen. Beim Fischgeruch könnte man daran feilen, dass er für Veganer nach Radieschen und für Fleischliebhaber nach Krainerwürstel riecht. Wer  verschnupft ist bedauert es, dass er den Duft des Kaffees, vom Kleingebäck oder dem Apfel nicht riechen kann.

Minutentakt

text:autobahn

Unter Schriftstellern, Lesern und Kritikern gibt es darüber Diskussionen, wie ein guter Text, eine Geschichte beschaffen sein muss. Handelt es sich um kurze Texte, von denen jeder für sich stehen kann, müssen diese dann eine fortlaufende Geschichte ergeben? Genügt es, mehrere kurze Texte hintereinander zustellen, um dem Leser die Möglichkeit zu geben, was ihm sinnvoll erscheint, zusammenzufügen? Im Blog geht es mir darum, Texte hintereinander hochzuladen, Beobachtungen, kurz skizziert. Das Web ist ein schnelles Medium, die User wechseln schnell die Site, das  nächste Blog ruft schon. Ich versuche es in zwanzig bis dreißig Zeilen auf den Punkt zu bringen. Beim Schreiben passiert es mir immer wieder, dass ich von einer Lebensmomentaufnahme ausgehe und dazu fällt mir noch allerlei ein. Ich schreibe weiter und weiter, dazu kommen zumeist noch Erinnerungen aus früheren Tagen, die die derzeitige Situation ergänzen. Ich glaube, dass eine abwechslungsreiche Folge von Texten für eine Lebendigkeit dessen spricht, der die Texte verfasst hat. Wichtig ist mir, dass der Leser offene Stellen vorfindet, für seinen gedanklichen Spaziergang. Nicht alle Gedanken plattgewalzt, wie auf einer Erzählautobahn, eben und asphaltiert. Eine Rennstrecke für Texte, wo der  Leser dahin rast und versucht einen neuen Leserekord aufzustellen. Der Leser soll gedankliche und literarische Betonschwellen vorfinden.

Frostaufbrüche.

genuss:student ll

Heute, im Ruhestand, wo die Tage für die Muse vorhanden sind, passiert mir beim Umsetzen der Gedanken ähnliches, es wird auf den nächsten Tag verschoben. Die Anmerkungen in den Tagheften erlauben den Neustart des Gedankenflusses. Auch wenn handschriftliche Notizen vorhanden sind, entspricht die Niederschrift am nächsten Tag nicht mehr ganz dem Ursprünglichen. Heute sind es nicht mehr die Arbeit oder der fehlende Schreibplatz der mich an der Niederschrift hindert, sondern der Müßiggang. Die Blockade im Kopf, in meinem Leben genug geschafft zu habe und ich keinerlei Aufgaben und Prüfungen mehr brauche oder bestehen muss. Zu meiner Zufriedenheit stelle ich diesen Müßiggang immer wieder in Frage. So lässt mein Wille, dieses Weblog am Leben zu erhalten, auch im Zustand der Muse nicht nach. Es ist verlockend dem Nichtstun zu frönen. Gute Freunde wundern sich über meinen  Arbeitswillen und vertreten die Auffassung einmal ist genug gearbeitet. Lege die Hände in den Schoß, genieße den Vormittag beim Zeitungslesen im Café, bei einem Spaziergang zur Napoleon Wiese oder bei einer Radtour am Drau Radweg. In den Sommermonaten gibt es am Hauptplatz in der Draustadt Events mit Musik und Akrobatik, der Wochenmarkt lädt zum Bummeln ein, dann kann ich sagen, ich bin dabei gewesen.

Bei vielen herrscht Unverständnis, dass ich mir die Mühe mache nach dem Besuch von Vorlesungen an der Uni Klagenfurt den Stoff der Lehrveranstaltung zu Hause aufzubereiten. Den Inhalt der Vorlesung mit dem Nachschlagen in Sach- und Lehrbüchern zu ergänzen,  mir einzuprägen, um am Ende der Lehrveranstaltung eine Seminararbeit abzugeben oder zu einer mündlichen Prüfung anzutreten. Wiederholt höre ich die Meinung es würde genügen den Vorlesungen aufmerksam zuzuhören und ein paar Notizen zu machen. Keine Präsentation vorzubereiten oder mich einer Prüfungssituation auszusetzen. Als Vorbilder werden mir Seniorenstudenten genannt, welche die Vorlesungen regelmäßig besuchen, aber zu keinen Prüfungen antreten. Sie bezeichnen sich als Genussstudenten, in ihrem Leben hätten sie schon genug Prüfungen abgelegt.

Sachertorte mit Schlag.

genuss:student l

Menschen die in Pension sind, ich nenne es im Ruhestand oder noch lieber im Zustand der Muse, werden darauf aufmerksam gemacht, dass sie Zeit hätten über die wirklichen Dinge des Lebens nachzudenken. Angelehnt an die Zeit des antiken Griechenland wo Diejenigen, welche nichts gearbeitet haben, nach Meinung der griechischen Philosophen ein wirkliches Leben geführt haben. Diese Personen konnten sich der Muse hingeben. Die Arbeit verrichteten die Sklaven, für sie fehlte die Zeit zum Nachdenken. Eine Ähnlichkeit mit der heutigen Akkordarbeit am Fließband, wo die Zeit zum Spekulieren fehlt. Fließbandarbeit habe ich am Beginn meines Berufslebens geleistet und dabei das eine und andere Mal davon geträumt, was ich am Abend niederschreiben könnte. Bin ich von der Arbeit nach Hause gekommen so war ich zumeist müde. Anderseits war es üblich, dass ich der Mutter  geholfen habe die Kühe zu versorgen, füttern und melken. Der Vater war noch bei der Feldarbeit oder im Holschlag. War die Stallarbeit erledigt war es meist acht Uhr abends. Jetzt war an das Niederschreiben von Gedanken  nicht mehr zu denken. Es fehlte der geeignete Raum, in der großen Bauernküche, wo sich das Familienleben abspielte, herrschte nicht die notwendige Ruhe. Das Schlafzimmer war ungeheizt, hatte ein  schlechtes Licht und es gab keine passende Einrichtung. So verendete mit dem Schlafengehen die Hoffnung etwas zu Papier zu bringen und wurde auf den nächsten Tag verschoben.

Stadtbibliothek