GEDANKEN:geröll

Uns plagen täglich Gedanken über naheliegende und ferne Dinge. Am meisten denken wir an unsere nächsten Familienangehörigen, ob sie Grund zur Freude haben oder ob sie über gewisse Umstände besorgt sind. Das sogenannte Glück hängt viel davon ab, ob man schmerzfrei ist und sich gesund fühlt. Plagen einen organische Schmerzen, die Sorge um die Wohnungskosten und den täglichen Bedarf, dann trüben die Gedanken ein. In einer Aufbauphase gehören die Gedanken der Partnerschaft, der Zukunft der Kinder, wie wird man einmal wohnen. Erweitert man den Kreis, denkt man an die Arbeitskollegen und das Klima in der Firma, wie man mit der zugewiesenen Arbeit zurechtkommt. Daran, ob die Aufträge reichen, dass die Firma weiter besteht und der Arbeitsplatz gesichert ist. Interessiert sich jemand für die Öffentlichkeit, ist man schnell bei der Arbeit der Politiker, den Vorkommnissen im Dorf.

Ist es möglich, so freut man sich auf seinen Urlaub, egal ob man ein großes Programm vorhat oder ihn in kleinen Rahmen genießen wird. Einen Ausflug in eine naheliegende Stadt, einen Badetag beim nächsten See oder eine Wanderung in den Julischen Alpen plant. Steht man am Fuße vom Vitranc, der in einer Geröllhalde ausläuft, denkt man an die Schwierigkeiten die auf jene zukommen, die in den Felsen einsteigen. Selbst begnügt man sich mit einer Wanderung am Fuße des Berges. Da kann man spüren, dass der Berg sich Gedanken über uns macht, wir die ihn von allen Seiten betrachten, die Furchtsamen, denen der Felsen Angst macht. Unsere Bewunderung ist auch ein Eingeständnis an unsere Vergänglichkeit, angesichts der Erdgeschichte. Jene, die es wagen ihn zu besteigen, sich an ihn festkrallen, nimmt er als lästige Fliegen wahr, die in einer erdgeschichtlichen Sekunde nicht mehr da sind. Für ihn ist unsere Anwesenheit ein Augenaufschlag.

Bärenhöhle.  

SCHWINDEL:punkt

Manche Dinge sind einem unangenehm, man möchte sie verdrängen oder wie man in der Umgangssprache sagt: Man schwindelt sich darüber hinweg. Am Hinterkopf befindet sich ein Punkt, wird er durch eine harte Unterlage gereizt, so kann er Schwindel auslösen. Meistens schwindelt man sich an einer Behandlung vorbei. Viele Vorschriften bauen sich um einen auf, wie die Naturgesetze, Staatsgesetze, Kirchengesetze, die humansten Gesetze sind die Gottesgesetze. Die Kirchengesetze sind in Verruf geraten. Die Diskussionen um die Vorkommnisse in den katholischen Internaten haben in mir einen Punkt getroffen. Ich habe das Gefühl, als wäre ich an einer Katastrophe vorbeigeschrammt. Einige Schrammen sind geblieben. Dort sind Schuldgefühle eingeimpft, Barrieren aufgebaut worden. Werden Schrammen nicht fachgerecht versorgt, gereinigt und verbunden, so heilen sie schlecht und brechen immer wieder auf, sie vergiften den Körper.

Gegengift.

ORTS.wechsel

Wir sind mit Bekannten unterwegs und besuchen mit ihnen den Ort Cividale, in der Ebene von Friaul, mit den Kultstätten der Langobarden und der gewagten Teufelsbrücke über die Natisone Schlucht. Von dem Stadtpanorama bin ich jedesmal gefesselt. Wir spazieren über die Piazza,  dabei erezählen sie von den Schwierigkeiten, welche die Schwester verursacht und von den Wünschen der Enkelkinder. Kein Wort zu dem herrlichen Ambiente. Sie blicken erst auf, als sie darauf aufmerksam gemacht werden. 

Es gibt Bekannte, die verbringen die Tage ihrer Pension damit, dass sie ständig verreisen. Sie sind kaum länger als eine Woche in ihrer angestammten Wohnung. Sie haben im wahrsten Sinne des Wortes das Reisefieber. Für mich ist es unvorstellbar ständig unterwegs zu sein, jeden Tag in einer anderen Umgebung zu verbringen. Die immer neuen Eindrücke würden mich erschlagen, ich würde es nicht schaffen meine Eindrücke in den Notizheften aufzuschreiben, sie mental zu verarbeiten. Ein Ausspannen wäre für mich dabei unmöglich, ich hätte das Gefühl an Ort und Stelle etwas zu versäumen, mein Kopf würde von so vielen Informationen zugemüllt werden. Um ihn zu entlasten ist es für mich entspannend, wenn ich die gleichen Urlaubsorte wähle. Viele glauben, dass wenn man viele Orte bereist hat, viel gesehen hat. Dabei ist man vor sich selbst ständig auf der Flucht. Ich leide darunter, dass es mir bis jetzt nicht möglich war, mich mit meinen Aufzeichnungen von der Sommerakademie 2008 in Kremsmünster zu beschäftigen und schon steht die nächste Sommerakademie vor der Tür. 

Ortsbestimmung.

JUNG:alt

Mit dem Älterwerden bringt man zumeist das Nachlassen der Kraft in den Füßen, Atembeschwerden, Sehstörungen oder Unbeweglichkeit in Verbindung. Für junge Menschen stehen ältere Menschen außerhalb ihrer Interessen, sie sind aus ihrer Wahrnehmung ausgeschlossen. Meistens wissen Ältere nichts mit den Begriffen aus der aktuellen Musik- und Filmwelt anzufangen. Auf keinen Fall können sie so spielerisch mit dem Handy und mit dem PC umgehen wie junge Leute. Schon Fünfundzwanzigjährige entrüsten sich über die Respektlosigkeit der Fünfzehnjährigen mit der Bemerkung: „Dies hätten wir uns nicht getraut“. Wie unverständlich erscheint heute vieles einem Fünfundfünfzigjährigen. Die Enkelin protestierte dagegen, dass die Oma gefragt wurde, ob das neue Kleid passt: „Wie kann die Oma wissen was modern ist, sie ist schon alt“. Gut ist es, wenn man im Alter den Humor nicht verliert und sich bei Montaigne Trost holt, der sagt: „Das Alter bringt neue Sorgen, aber es lässt auch alte Sorgen sein“.

Sorglos.

SCHWEINE:grippe

Lese ich in älteren Tagebücher, in meinen sogenannten Notizheften, dann komme ich manchmal aus dem Staunen nicht heraus. Dabei genügt es schon, wenn ich ein Jahr zurück blättere. Viele werden meinen dies ist kein nennenswerter Zeitraum, auf keinen Fall ein historischer. Bei einem Besuch eines Meeres Aquarium in Crikvenica  konnten wir zusehen, wie ein Krebs mit seinen Zähnen einen Fisch zerkleinert und gefressen hat. Es gab bei den Fischen eine ungeheure Muster- und Farbenvielfalt, dass wir glauben konnte, sie sind für die Besucher extra mit diesen schillernden Farben bemalt worden. Danach einen Abstecher in den „Konzum“. Unter gleichem Namen „Konsum“ war dies einmal die führende Handelskette in Österreich. Die Geschäftseinrichtung hatte das Ambiente der siebziger Jahre. In der Warenvielfalt herrschte ein Chaos, die Artikel wurden wahrscheinlich gerade dort eingeräumt, wo Platz war. Keine Spur von Warengruppen.

In einem Café blätterten wir nach einer Woche Zeitungsabstinenz in der Süddeutschen Zeitung und stellten fest, dass sich noch immer alles um die Schweinegrippe drehte und Berlusconi von seiner Frau verlassen wird. Bei der Heimreise habe ich meine Lebensgefährtin davor gewarnt, bei der Grenzkontrolle zu husten, ansonsten die Gefahr besteht, dass wir in Quarantäne müssen. In Kroatien gab es die ersten Schweinegrippefälle und in den Nachbarstaaten herrschte „Schweinegrippealarm“. Im vergangenen Winter hatte fast jeder dritte Bekannte eine leichte Form von Schweinegrippe.

Der Nächste bitte.