AUS:rasten

Einen Tag in der Woche sollte man ausrasten, abschalten. Welcher Tag dies in der Woche ist, ist ganz unterschiedlich. Vor Jahrzehnten war dies traditionell der Sonntag. An diesem Tag hatten die meisten Fabriken, Handwerksbetriebe und Handelsgeschäfte geschlossen. Bei den Bauern ruhte die Feldarbeit, die Schulen und die Tankstellen waren geschlossen. Heute lösen sich diese Strukturen auf, der Mensch will an keinem Tag in der Woche auf seine gewohnten Annehmlichkeiten verzichten. So werden in vielen Dienstleistungsbetrieben und Fabriken sieben Tage in der Woche gearbeitet. Wie der Sonntag zum Ausrasten genützt wird, ist ganz unterschiedlich. Die einen erledigen eine Reparatur in der Wohnung, arbeiten im Garten, benützen den Sonntag zu einem Besuch bei Freunden oder laden zu einer Grillparty ein. Viele besuchen am Sonntag eine Veranstaltung, einen Kirchtag, ein Sport- oder Musikerfest und nehmen selbst an einem Wettspiel teil. Andere machen einen Ausflug in das benachbarte Ausland. Einen Beitrag zur eigenen Gesundheit leisten viele, wenn sie wandern, schwimmen oder Rad fahren gehen. Mit argwöhnischen Augen beobachtet die christliche Kirche die vielen Freizeitaktivitäten am Sonntag. Jahrhunderte lang stand der Besuch des Gottesdienstes im Mittelpunkt des Sonntags. Es war eine Sünde, wenn man am Sonntag die hl. Messe nicht besuchte. Heute ist man toleranter. Ich weis nicht, woher dieser Anspruch auf den Sonntag kommt.

 

Heute wird das Wort „ausrasten“ oft mit der Jugend in Verbindung gebracht, wenn sie Zuviel Alkohol trinken, Drogen konsumieren oder Mitmenschen attackieren. Früher haben die Burschen beim Kirchgang die Mädchen aus der Nachbarschaft getroffen, wobei die Mädchen aus den Arbeiterfamilien kaum die hl. Messe besucht haben. Während der Messe waren die Burschen damit beschäftigt die Mädchen zu beobachten, mit wem sie zusammensitzen, wie sie angezogen sind und ob sie nicht ab und zu einen Blick herüberwerfen. Nach der Messe versuchten sie einen Anschluss an die Mädchen, zu finden. Besaß ein Bursche ein Moped, kurvte er solange um die Mädchen, bis eines bereit war, mitzufahren.


Der Kirchgang.

 

BANK:noten

Noch glauben wir, dass unser Währungssystem auf stabilen Füßen steht. In der Tagespresse liest man, dass den Banken, den Versicherungen oder den Industrieunternehmen hunderte Millionen Euro an Förderungen ausbezahlt werden. Da wird einem Durchschnittsverdiener, von der Höhe der Summen schwindlig. Der Schwindel wird größer, wenn man erfährt, dass verschiedene Staaten ihre Notenpressen angeworfen haben und diese Förderungen frisch gedruckt werden, ohne, dass dafür Goldreserven vorhanden sind. Vor Jahrzehnten herrschte zwischen dem Wert des Geldes, der im Zahlungsverkehr im Umlauf war, und den Goldreserven, die sogenannte Währungsreserve, ein Ausgleich. Dieses Prinzip wurde aufgegeben, jetzt stimmt man den Geldumlauf mit der Wirtschaftsleistung ab. Es ist zu hoffen, dass keine Geldentwertung kommt. Die Börsenkurse sind abgestürzt, weil der Kurswert mit dem Wert des Unternehmens nichts mehr gemeinsames hatte.

                                                                     

Es dürfte funktionieren, solange das Banknotenpapier in den Druckereien nicht ausgeht, oder soll man sich wünschen, dass das Banknotenpapier in den Druckereien bald ausgeht.

 

Note fünf.  

GOOGLE: spirituell

Vor einem Jahr feierten die Zisterzienser Mönche vom Stift Heiligenkreuz bei Baden mit der CD „Chant“, lateinische Choräle, einen großen Erfolg. Sie belegten mit dieser CD die Spitzenplätze in den Hitparaden. Es war die richtige Musik zur richtigen Zeit, das Bedürfnis in der Gesellschaft war vorhanden. Man hat gespürt, hier nehmen Menschen ihren Glauben ernst, es ist kein Modetrend. Es überrascht mich nicht, dass dieses Jahr ein Buch “Chant – Leben für das Paradies” von Bernhard Meuser mit Beschreibungen und Gesprächen mit den singenden Mönchen erschienen ist. Ich habe bei verschiedenen Mönchen auf die Frage, wie Sie in das Kloster gekommen sind gelesen, durch Google. Sie haben sich zuallererst im Internet über das Kloster informiert und sich das Video von der Homepage vom Stift Hl. Kreuz angesehen.

 

Ein Mönch sagt: „Niemand gräbt sich in die Welt tiefer ein als der, der sie verlässt“. Ich verstehe dies so, dass niemand tiefere Spuren hinterlässt, mehr Interesse erweckt als der, der sich um die Welt und ihre Aufgeregtheit nicht kümmert.

 

Im Paradies.

  

GOOGLE:intim

In Österreich ist zurzeit ein Kamerateam von Google unterwegs, um von den historisch und touristisch interessanten Städten, wie Wien, Graz und Salzburg 3D Aufnahmen für die Funktion „Google Street View“ zu machen als Ergänzung zu Google Maps. Bei den Datenschützern und manchen Einwohnern der Innenstädte kommt es zu Protesten und Ablehnung. Einzelnen Menschen ist es unangenehm, dass ihr Haus oder Wohnung aufgenommen wird und für viele im Internet einsehbar ist. Von Google wird festgestellt, dass Personen unkenntlich gemacht werden und Häuser auf Anfrage gelöscht werden.

 

Wir sind eine gespaltene Gesellschaft, gespaltene Menschen. Auf der einen Seite können Bilder und Fernsehaufnahmen von einem Zugunglück, von einem Terroranschlag und wie zuletzt von der Erdbebenkatastrophe in den Abruzzen nicht nahe genug sein. Wir wollen die Gesichter der einzelnen Personen genau sehen, den Schmerz, die Verzweiflung im Gesicht der Betroffenen. Wird die Fassade von der Wohnung gezeigt, da wird es zu viel. Wir sind Voyeure, wenn das Schicksal andere Personen trifft.

 

Schon gibt es die junge Generation, die Internetgeneration, die ist besessen davon, im Internet auf Flickr mit einem Foto präsent zu sein. Hier wird alles veröffentlicht, Fotos von der Geburtstagsparty, dem Schulausflug, dem Badetag, das Lieblingshaustier, der Freund und die Freundin. Wird es in Zukunft eine Privatsphäre geben, das Wort privat oder intim. Das sind Wörter, die aus dem Sprachgebrauch verschwinden werden, wie Fleiß, Höflichkeit und Anstand.

 

Intimsphäre.   

UHR:zeit

In den siebziger Jahren, welche die heutige Jugend unter dem Motto „Schlager aus den Siebziger und Achtziger“ nur mehr aus dem Radio kennt, gehörte es zur Tradition, dass man zur Firmung vom FirmpatenIn eine Armbanduhr geschenkt bekommen hat. Vorher musste man ohne Uhr auskommen, auch wenn man Fahrschüler war. Es gab damals genug öffentliche Uhren, in der Schule, am Hauptplatz und am Bahnhof. Über die erste eigene Uhr war man stolz und zeigte sie den Mitschülern. Die Geschenke zur Firmung haben sich gewandelt, für viele wird es das neueste Handymodell sein. Bei der Schuljugend hat das Handy die Armbanduhr abgelöst. Zeig mir dein Handy und ich sage dir wie spät es ist. 

 

In der Draustadt ist am 8. Mai Platz, inmitten einer kleinen grünen Verkehrsinsel, auf einer Säule eine Uhr montiert gewesen, mit Ziffernblättern nach allen Seiten. Egal, ob man sich als Autofahrer oder als Fußgänger der Verkehrsinsel genähert hat, mit einem Blick hat man die Uhrzeit erfasst. Von der Terrasse des angrenzenden Parkcafés konnte man bei einem Aufschauen sehen, ob es Zeit ist zum Aufbrechen. Das Parkcafé befindet sich zurzeit im Umbruch. Es hat einen neuen Pächter und wird renoviert. Im Zuge der Altstadterneuerung wurde der 8.Mai Platz umgestaltet und statt der Säule mit der Uhr wurde eine Lichtinstallation montiert, die das gegenüberliegende Hauptpostamt in allen möglichen Farben bespielt. Von der Uhrzeit zur Lichtzeit.

 

Von mir wird angenommen, dass die Uhr von den Menschen vermisst worden ist. Jetzt, nach etwa zwei Jahren, wurde die alte Uhr wieder an einer Ecke des 8. Mai Platzes auf einem Vordach montiert.

 

Die Zeit ist vorbei.