SIEBEN:tage

Es ist einige Jahrzehnte her, dass man die Fünftage-Woche eingeführt hat. Dies hat bewirkt, dass wir mehr Freizeit, mehr Erholung und mehr Lebensqualität bekommen haben. Heute geht der Trend in die Richtung, dass man in den Produktionsbetrieben, bei den Handelsketten, dazu übergeht sieben Tage in der  Woche zu schaffen. So bleibt von der Möglichkeit einen Tag gemeinsam feiern zu können, die sozialen Kontakte zu pflegen, nicht viel übrig. Das Einkaufen ist zu einer Freizeitbeschäftigung geworden, auf die man auch am Sonntag nicht verzichten will. In der Bibel steht, dass Gott die Welt in sechs Tagen erschaffen hat und am siebenten Tag ruhte und sah, dass alles gut war. Dieses Beispiel aus der Bibel diente auch zum Schutze des arbeitenden Menschen, der Gemeinschaft, dass man sich einmal die Woche trifft, Spiele und Feste feiern kann.  

Sieben Tage alt ist das Neugeborene vom Neffen und liegt im Kinderbett in der Küche, ganz klein in einer Ecke. Der Kopf ist zur Seite gedreht, die Augen geschlossen, der Mund leicht geöffnet, es atmet. Später öffnet es die Augen, verzieht den Mund, runzelt die Stirn und bewegt den Kopf. Es fährt mit der geschlossenen Faust in das Gesicht, sucht die Augen und öffnet den Mund weit, zum Gähnen. Die Mutter beugt sich über das Kind. 

Einem neugeborenen Kind steht die Welt offen, es bieten sich viele Chancen. In jedem Kind steckt viel Kreativität und Entfaltungswillen. Wir wünschen uns, dass es sich an unsere Normen und Vorstellungen anpasst. In einer Funktionsgesellschaft, Konsumgesellschaft,  in einer  autoritären Gesellschaft  ist das Individuelle ein Problem. 

Im Anfang war das Wort.

NEON:klaustrophobie

Jetzt liest  man oft das Wort “Sparflamme”, dann denken nur wenige daran, dass damit die Flamme einer Petroleumlampe gemeint sein könnte, die auf niederem Niveau brennt, der Docht ganz zurückgedreht ist. An die Zeit der Petroleumlampen können sich nur mehr wenige erinnern. Meine Tante Paula wohnte in einem Nebengebäude vom Bauernhof, dort gab es kein elektrisches Licht. Sie benützte eine Petroleumlampe. Im Winter sah man am späten Nachmittag das Flackern der Flamme im Fenster. Waren wir mit der Hausaufgabe fertig, dann gingen wir zur Tante. Sie saß im Schein der Petroleumlampe auf einem Stuhl, las in einem Heimatroman oder strickte an Socken und Pullovern. Wir setzten uns auf den Diwan, sie hatte für uns Kinder immer eine Süßigkeit zu Hause. Oft erzählte sie uns oder las uns, eine Geschichte vor. In der Weihnachtszeit verwöhnte uns die Tante mit ihren selbst gebackenen Keksen und solange vorhanden,  bekamen wir etwas vom  Christbaumbehang. Wurde es finster, verabschiedeten wir uns von der Tante, gingen in den Stall und waren dem Vater bei der Stallarbeit behilflich. 

Die meisten Menschen kennen in unseren Breitengraden nur das elektrische Licht, den Schalter umlegen oder moderner, man betritt einen Raum und der Bewegungsmelder schaltet das Licht automatisch ein. Beim Hauseingang oder bei der Garageneinfahrt haben sich die Bewegungsmelder gut bewährt. Durch die Lichtautomatik werden auch unliebsame Leute oder Menschen mit böser Absicht abgeschreckt.  Manche fühlen sich sicherer, wenn ein kleines Licht brennt, es nimmt ihnen die Angst vor der Einsamkeit. 

Ein Spruch sagt: „Licht lockt Leute”. Dieser Spruch bezieht sich in besonderem auf die Schaufensterbeleuchtung, auf  die Neonreklameschriften und -Reklametafeln. In manchen Wohnzimmern oder Schlafzimmern wird es nie mehr ganz dunkel, weil an der Hausecke oder vis-à-vis eine Neonreklame montiert ist. In der Weihnachtszeit kommt die Weihnachtsbeleuchtung dazu. Immer mehr Menschen leiden in dieser Zeit unter einer Neonklaustrophobie, sie fühlen sich durch die allgegenwärtige Beleuchtung ständig beobachtet.

Weihnachtsstern.

ROM:splitter I

Im Gailtal liegt der erste Schnee, so glaubt man wieder an weiße Weihnachten. Zurzeit hat man den Glauben an die Wirtschaft, an die Kaufkraft verloren, da kommt eine Romreise zur rechten Zeit. Die Vorsorgepläne brechen ein, die Fonds verlieren an Wert, jetzt steht der Zusammenhalt in der Pfarrgemeinde im Vordergrund, nicht die Zeremonien. Es gibt begabte Zeremonienmeister. Für die Pilgerreise nach Rom erwartet man sich schönes, warmes Wetter. Ist man mit einer Reisegruppe unterwegs, hofft man auf nette Leute. Es ist gut, sich auf das Reiseprogramm, Romreise mit Papstaudienz und Christbaumillumination, einzustimmen: „Montaigne, Tagebuch einer Reise durch Italien”.

Im Bus gibt es nach der Abfahrt eine Begrüßung, das erste Gebet und die ersten Informationen. In Rom leben Hunderte Leute davon, dass sie Touristen die Handtaschen, die Brieftaschen, die Handys und andere Wertgegenstände stehlen. Vorsicht vor den Taschendieben! Nehmen wir die Warnung vor den Taschendieben zu genau, dann verlieren Hunderte Menschen ihren Arbeitsplatz. Beim Busstop in der Nähe von Padua lernen wir die italienische Gepflogenheit, zuerst bei der Kassa zahlen dann zur Theke, kennen. Cappuccino und Mortadellasemmel, Euro 3.70. Vorbei an Feldern mit Kraut- und Salatköpfen fahren wir weiter in Richtung Bologna. Dort herrschen ein verwirrendes Straßennetz von Auffahrten, Abfahrten, Ober- und Unterflurtrassen, zwischen den Häuserschluchten und über die Häuser hinweg. Die Straße über den Apennin zeigt ihr wildes Gesicht, stark befahren, kurvenreich, tunnelreich und leichter Schneefall. Auf der Straße ist ein Unfall, es kommt zu einem Stau. Es wird dunkel und wir stehen noch immer im Stau. Man fängt an zu träumen: Es schneit intensiver, die Bratwürstel und die Getränke gehen aus, das Benzin geht zu Ende, es wird kalt im Bus. Wir sind am Apennin eingeschneit und niemand weiß davon. Wir sind froh, als wir im Pilgerhaus am Stadtrand von Rom ankommen, und unsere Zimmer beziehen.

Am nächsten Morgen fahren wir mit dem Bus in das Zentrum von Rom. Eine Frau im Pelzmantel führt zwei Hunde an der Leine, gekleidet in lila Mäntel, zum Morgenspaziergang. Die Lücken zwischen den langsam vorwärts fahrenden Autos benützen die Mofafahrer für eine Slalomfahrt. Am Petersplatz nehmen das Stimmengewirr, die Hektik und das Gedränge vor der Personenkontrolle zur Audienzhalle zu. Alles auf das Laufband, Handtasche, Brusttasche, Handy, Fotoapparat, Kleidungsstücke mit Reisverschluss und Prüfung durch den Metalldetektor. Der Papst in einem Sicherheitstrakt. Die Audienzhalle füllt sich mit zehntausend Menschen, auf der Bühne ist ein Stuhl leer. Wie kann man sich das Kommen des Papstes vorstellen? Zuerst hört man den Jubel, den Beifall der Leute, dann sieht man den Papst auf der Bühne, größer auf einer Videoleinwand. Ein Festakt für Rombesucher. Lesung aus dem Paulusbrief: „Hätte ich alle Schätze der Welt, aber die Liebe nicht, dann wäre ich nichts anderes als taubes Erz”.

Am dritten Besuchstag wird der Petersdom besichtigt. Nach einer Stunde Wartezeit bei strömenden Regen und umschwärmt von Regenschirmverkäufern, ist man bei der Sicherheitskontrolle angelangt. Der Petersdom überrascht innen mit seiner Größe, diese Größe beeindruckt. Wozu diese Größe, eine Machtdemonstration für wen? Ein Papstgrabmal reiht sich an das Andere, das Kirchenschiff nimmt kein Ende. Es wird unterbrochen von der Kuppel, ein Blick in den Himmel. Einmal kommt der Hauptaltar. Ein Prunkbau der Päpste, den Ort zum Beten muss man suchen. Im Dom sind mehrere Baustellen, Arbeiter, Gerüste und Kräne. Mit dem Hubstapler werden Stühle abtransportiert.

Steigen die Pilger aus ihren Komfortbussen aus, werden sie von bloßfüßigen Kindern und Frauen mit einem Baby am Arm, um eine Spende ersucht. Im Innenhof der Basilika St. Paul vor den Mauern probt der Chor aus dem Lesachtal unter Palmen, bei 12 Grad plus, Weihnachtslieder. Vor der Kirche steht zwischen den Pinien der Christbaum aus Kärnten, daheim gibt es fünfzig Zentimeter Neuschnee. Für die Besucher gibt es Villacher Bier mit dem Papstkonterfei.

Kommt man am Abend in das Pilgerhaus Fraterna Domus zurück, sehen wir von Weitem ein leuchtendes Kreuz und die Lichter der Vorstadtsiedlungen. In der Eingangshalle vom Pilgerhaus zeigt ein großes Ölbild den gekrümmten, zusammengekauerten Papst Paul II. In einer Ecke am Platz vor dem Hauptgebäude steht ein Stall, eine Krippe, mit lebensgroßen Figuren. Josef stützt sich auf einen Stock und schaut ungläubig auf das Kind in der Krippe, Maria zieht den Mantel vor der Brust zusammen, es ist ihr kalt. Ein Hirte hält ein Schaf in seinen Händen, ein zweites Schaf ist zu seinen Füßen. Auf dem Feld brennt ein Feuer. Vor der Krippe kniet ein Engel mit ausgebreiteten Flügeln und lächelt das neugeborene Kind an. Eine Frau, mit einem Wasserkrug auf dem Kopf und einem Kind am Arm, geht vorbei. Vor dem Stall ist ein Ziehbrunnen. Dieses lächelnde Kind, unter einfachen Umständen geboren, hat mit seiner Botschaft die Welt verändert. Prunkbauten und Kunstschätze waren nicht notwendig.

Aus dem Tagebuch, November 2008.

ALLEN MEINEN LESERNINNEN, KOMMENTATORENINNEN und FreundenInnen ein friedvolles WEIHNACHTSFEST.

Charly & Undine. Eine Weihnachtsgeschichte.

HEIL:ung

Wir haben oft ein unangenehmes Gefühl, wenn wir einem Behinderten begegnen, weil wir nicht wissen, wie wir uns verhalten sollen. Wir schwanken zwischen zu viel an Aufmerksamkeit oder zu wenig. Das rechte Mass zu finden ist schwierig. Man weicht einer Begegnung mit einem Behinderten aus, wenn es vorhersehbar ist. Manche Arten von Behinderung lassen sich gut verstecken oder werden von der Familie versteckt. Sichtbare Behinderungen, wie Beschwerden beim Bewegungsapparat, beim Sprechen oder Schäden an der Haut sind leichter zu erkennen. Die meisten Behinderten bemühen sich den Alltag so normal wie möglich zu gestalten, verlangen keine besonderen Rücksichten oder den Verzicht auf Herausforderung. Die größte Enttäuschung für sie dürfte sein, wenn man ihnen weniger zutraut, als den Gesunden oder sie für geistig behindert hält.

 

Kommt man selbst in die Situation, dass man vorübergehend mit einer Behinderung leben muss, sei es eine Verletzung oder Bruch eines Armes oder Beines, dann erkennt man, welche Schwierigkeiten sich bei der Bewältigung einfacher alltäglicher Verrichtungen auftun. Es bedarf vieles Training um eine Hand oder Finger zu ersetzten. Erleidet man eine Verletzung im Gesicht, sieht man sich den Blicken der Menschen auf der Straße und am Arbeitsplatz ausgesetzt. Falsch wäre es, sich für eine Weile zu verstecken, manchmal lässt es auch der Beruf nicht zu. Man erfährt dabei nicht nur Situationen des ausgesetzt sein, sondern auch Blicke der Anteilnahme, des Mitgefühl und der Wertschätzung. Gute Wünsche für eine baldige Besserung mit der Hoffnung, dass man bald voll einsatzfähig sein wird.

 

Persönlich ist es ein gutes Gefühl, wenn man am eigenen Körper erleben kann, dass es einen Gesundungsprozess gibt, dass man geheilt wird. Geheilt werden im weitesten Sinn, heil werden an Körper und Seele. Waren die Heiligen überglückliche Leute, vollkommene Leute. Sie haben für ihre Heilwerdung kämpfen müssen und sind oft missverstanden worden.

 

Geheilt.